Süßer die Knolle nie schmeckte
Als Pommes, Gratin, Püree oder in Brownies – die Süßkartoffel ist endlich auch in Deutschland angekommen. Jetzt gilt sie als Gemüse-Hipster
Der Trend ist im Grunde nicht neu. Aber es hat gedauert, bis er sich auch hier durchsetzte: In peruanischen Höhlenmalereien wurde die Süßkartoffel schon vor 10 000 Jahren verewigt, brachte die Menschen dazu, überhaupt einmal sesshaft zu werden. In Deutschland ist das Gemüse erst in den letzten Jahren so richtig angekommen! Nun aber gilt die Süßkartoffel als hippe Superknolle und macht so der Kartoffel Konkurrenz als Pommes, Chips oder Gratin, gekocht, gebacken, frittiert, gestampft. Oder zum Beispiel als Toastie – da kommt dann die Kartoffel nicht mehr mit!
Bataten, wie die Süßkartoffeln auch genannt werden, gehören zu den wichtigsten Knollengewächsen für die Ernährung. Weltweit stehen sie auf Platz drei hinter Kartoffel und Maniok. Das bedeutendste Anbauland ist heute China. Etwa zwei Drittel der Weltproduktion von 120 Millionen Tonnen gedeiht auf chinesischen Feldern. Der Appetit wächst seit einiger Zeit aber vor allem in Europa rasend schnell: Allein im Jahr 2016 stieg das Importvolumen um 35 Prozent.
Warum aber erst jetzt? Mehr als 500 Jahre nachdem Christoph Kolumbus die ersten süßen Knollen mit nach Europa brachte? Und Jahre nachdem Michelle Obama in ihrem Gemüsegarten hinterm Weißen Haus die ersten großen Ernten einbrachte und sich öffentlich zur Süßkartoffel als ihrem Lieblingsgemüse bekannte! Die Erklärung, wie so oft, ist natürlich banal: Zu kalt! Zumindest früher. Im Vergleich zur Kartoffel
Auch als Zierpflanze hat sie es schon in die Hausgärten geschafft
braucht es die tropische Pflanze warm. In Spanien und Portugal fand sie bessere Bedingungen als in Deutschland vor, dort galt sie im Übrigen als Arme-Leute-Essen, bis es sich in die Oberschicht herumsprach, die Knolle habe auch potenzsteigernde Wirkung. Dann ging dort alles sehr schnell …
Gleicher Name, ähnliche Form – verwandt sind Solanum tuberosum und Ipomoea batatas dennoch nicht: Die eine ist ein Nachtschattengewächs, die andere ein Windengewächs, hat es deswegen auch schon als Zierpflanze in die Hausgärten geschafft. Und im Übrigen mittlerweile auch auf bayerische Felder, zum Beispiel die sehr ertragreiche Sorte „Beauregard“.
Was aber kann die Süßkartoffel, deren Schale farblich von gelb bis rot variiert, was die Kartoffel nicht kann? Sie ist reich an Ballaststoffen: 3,1 Gramm pro 100 Gramm, die Kartoffel dagegen nur ein Gramm. Weiterer Pluspunkt: Sie steckt voller sekundärer Pflanzenstoffe wie Anthocyane, die im Körper freie Radikale binden, sie soll entzündungshemmend und gefäßschützend wirken. Außerdem ist die tolle Knolle voller Vitamine! Und enthält die langsamen Kohlehydrate, die länger sättigen als die schnellen in Nudeln, Brot oder Getreide. Sozusagen die Schlank-Kartoffel, die man im Übrigen auch roh essen kann: zum Beispiel geraspelt als Salat.
Alles drin also, was man zum Leben braucht, nun aber halt auch in, was manchem als wichtigster Pluspunkt gilt. Obwohl uralt und weltweit verbreitet, hat die Süßkartoffel in Deutschland noch immer einen wunderbar exotischen Beigeschmack. In hippen Burgerläden gilt die Süßkartoffel in Pommesform daher als Must-have-Beilage und auch bei den Foodbloggern hat die Knolle einen Lauf: als Brownie, Lasagne, Curry, Püree, Puffer, Suppe, Gratin oder eben als Toastersatz belegt mit Avocado und Ziegenkäse. Passt im Übrigen auch prima zu den meisten Trenddiäten wie Paleo, vegan oder glutenfrei. Genug davon? Es soll Menschen geben, die neuerdings von Maniok schwärmen!