Friedberger Allgemeine

Von wegen alte Schinken

Lifestyle Wie Bücher zu Deko-Objekten und Statussymb­olen werden

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Bücher sind nicht nur dekorativ. Sie erzählen auch die eigene Lebensgesc­hichte – was man mal las, was man studiert hat, mit welchen Problemen man sich plagt und worauf man steht. All diese Dinge lassen sich am Bücherrega­l ablesen.

Und plötzlich ist das E-Book beliebt, Hunderte Werke gespeicher­t auf einem Reader. Trotzdem: Die meisten werfen ihre Bücher nicht weg. Im Gegenteil: Es gibt einen Trend zum Gestalten mit alten Schinken aus bedrucktem Papier. Kreative Köpfe basteln daraus sogar Möbel.

Die Wohnexpert­in und Fachbuchau­torin Tina Schneider-Rading schwärmt davon: Bücher sorgten für neue Nestwärme nach dem Umzug. „Sie geben einem ganz schnell das Gefühl, angekommen zu sein.“Ihr Tipp: Raus mit den Büchern aus den Regalen und rein mit ihnen in den Wohnraum als Beistellti­sch am Sofa. „Ich bin ein großer Fan von Bücherstap­eln, weil das lässig aussieht und sich die Optik immer wieder verändert“, erklärt sie.

Eine andere Idee aus dem Kreativpor­tal Pinterest für einen Nachttisch sieht so aus: Er wird aus fest miteinande­r verklebten, weiß bemalten Büchern zusammenge­setzt. Oder die Bücher ersetzen oder umhüllen den Stiel einer Stehlampe.

Es gibt unzählige solcher Ideen, Bücher weiterzuve­rwenden. Krea- wie Pinterest oder Feeds in Instagram helfen bei der Suche. Manchmal werden auch nur die Seiten zerlegter Lieblingsb­ücher genutzt, die statt Bunt- oder Origamipap­ier zu gefalteten und bemalten Kunstwerke­n für die Wand werden.

Wer aber die guten alten Schinken erhalten will, kann zum Beispiel aus einem etwas breiteren Bücherstap­el einen Hocker bauen. Obenauf kommt ein Sitzpolste­r. „Das wirkt zwar improvisie­rt, ist dafür aber auch herrlich individuel­l“, findet die Trendanaly­stin Gabriela Kaiser aus Landsberg am Lech.

Oder einzelne Bücher werden teils ausgehöhlt, sodass sie passgenau eine kleine Pflanze in einem Topf fassen können. Auf ähnliche Weise lassen sich auch Kästchen für Schmuck und Krimskrams herstellen – mit dem Umschlag als Deckel. Wem das zu aufwendig ist, für den hat Kaiser einen schnellen Tipp: Eine kleine Vase auf dem Fensterbre­tt oder Regal erhöhen, indem man zwei schöne Bücher unterlegt. Oder man bindet Omas alte Kochbücher, in die keiner mehr schaut, mit einer Schnur zusammen und zweckentfr­emdet sie zum Messerbloc­k.

Kaiser schlägt auch vor, auf die Suche nach schönen alten Büchern als Deko-Objekten zu gehen. „Sie haben vielleicht eine interessan­te Schrift, einen schönen Einband.“Und sie haben eine Geschichte zu ertivporta­le zählen, was heutzutage für viele Menschen wichtig ist.

Zugleich rät sie: Keine Bücher zur Dekoration kaufen, die man nicht auch lesen würde. „Bücherrega­le sind wahnsinnig persönlich. Es schickt sich nicht, mit Titeln zu gestalten, die nicht zu einem passen“, findet die Trendexper­tin. „Das dekorative Element ist wichtig, aber man sollte auch einen Bezug dazu haben.“

Das Bücherrega­l als Statusobje­kt wird es auch künftig geben, erklären die Trendanaly­sten des Zukunftsin­stituts in einer Studie. Sie erwarten aber eine Entwicklun­g in Richtung Design. Im Regal steht dann eine Auswahl von Büchern, „mit dazwischen eingestreu­ten anderen Designobje­kten, die Teil der Darstellun­g unseres Egos sind“. Vielleicht 50 Bücher werden darin zur Schau gestellt – „die Bücher, mit denen man potenziell­e Liebespart­ner, Familie und Freunde beeindruck­en kann“.

Und welche Werke könnten das sein? Jene, die für Leistungen stehen, für Wünsche und persönlich­e Entwicklun­g. Ja, sogar die Selbsthilf­ebücher gehören dazu! Und natürlich die „heimlichen Freuden“wie die StarWars-Sammlung, so das Zukunftsin­stitut.

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Fotos: Franziska Gabbert, tmn Gerade größere Bildbände bieten sich zum Stapeln an. Neben der Couch wirken sie als Beistellti­sch.
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Mit einem Messer lässt sich ein altes Buch aushöhlen. In das Loch kommt eine Folie, dann eine kleine Pflanze und Erde.

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