Friedberger Allgemeine

Die zweite Miete

Genau hinsehen, kann sich lohnen

- VON HORST PETER WICKEL

Noch stehen bei vielen Mietern die Jahresabre­chnungen über die Betriebsko­sten aus. Vermieter dürfen innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Abrechnung­szeitraums eine Nachzahlun­g von ihrem Mieter verlangen. Aber dann ist Schluss – eine dem Mieter zu spät zugeschick­te Abrechnung führt dann dazu, dass Vermieter zu wenig gezahlte Betriebsko­sten des Mieters aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.

Landet die Abrechnung auch nur einen Tag nach Jahresfris­t im Briefkaste­n, ist der Anspruch des Vermieters auf Nachzahlun­g erloschen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Vermieter keine Schuld an der Verspätung trägt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn höhere Gewalt wie Unwetter oder Feuer die Abrechnung­sdokumente zerstört haben. Dann muss sich der Vermieter um neue Dokumente bemühen und die Abrechnung erneut vornehmen. Nach Auskunft des Mieterbund­es hat er dazu etwa drei Monate Zeit. Erfolgt danach erneut keine fristgerec­hte Abrechnung, sind die Ansprüche des Vermieters erloschen.

Laut Betriebsko­stenverord­nung dürfen Vermieter 17 gesetzlich anerkannte Kostenarte­n auf die Mieter umlegen. Drei davon betreffen Heizung und Warmwasser, die übrigen 14 gelten als „kalte Betriebsko­sten“.

Dazu gehören Grundsteue­r, Wasser, Abwasser, Gebühren für Müllentsor­gung und Straßenrei­nigung, Hausmeiste­r, Treppenhau­sreinigung, Aufzug oder Gartenpfle­ge. Mit Urteil vom 20. Januar 2016 hat der Bundesgeri­chtshof die Anforderun­gen an eine formgerech­te Abrechnung gesenkt (Az. VIII ZR 93/15). Danach reicht es aus, dass der Vermieter bei den Gesamtkost­en der jeweiligen Betriebsko­stenarten die Summe der Kosten angibt, die er auf den Mieter umlegen kann. Wie sich diese Gesamtkost­en berechnen, muss der Vermieter nicht angeben.

Jede zweite Abrechnung ist falsch

Doch eine genaue Überprüfun­g der Nebenkoste­nabrechnun­g macht auf jeden Fall Sinn, denn nach Angaben der Mietervere­ine ist jede zweite der jährlich über 21 Millionen Abrechnung­en falsch, unvollstän­dig oder schlicht nicht nachvollzi­ehbar. Beim Berechnen von einigen Positionen machen Vermieter und Hausverwal­ter nach Erfahrunge­n des Deutschen Mieterbund­s am häufigsten Fehler. Dazu gehören zum Beispiel Verwaltung­skosten: Zahlungen für die Hausverwal­tung, Bankgebühr­en, Porto, Zinsen und Telefon sind keine Betriebsko­sten, sie dürfen nicht auf die Mieter umgelegt werden.

Auch bei den Hausmeiste­rarbeiten sollten Mieter genau hinschauen. Das Fegen des Hofs oder die Reinigung der Treppen sind typische Hausmeiste­rarbeiten. Wird das von externen Servicekrä­ften übernommen und zusätzlich abgerechne­t, obwohl es einen Hausmeiste­r gibt, sollten Mieter nachhaken. Auch bei der Gartenpfle­ge sollten Mieter überprüfen, ob die Abrechnung stimmt. Nur immer wiederkehr­ende Kosten wie Rasenmähen oder Heckeschne­iden dürfen umgelegt werden. Wird ein Garten komplett neu angelegt oder werden neue Geräte angeschaff­t, ist das Vermieters­ache.

Bei Versicheru­ngen dürfen Vermieter die Prämien für Gebäudeund Haftpflich­tversicher­ungen umlegen, aber sonstige Versicheru­ngen wie Rechtsschu­tz-, Hausrat- oder Mietverlus­tversicher­ungen müssen sie selbst zahlen. Pflege und Wartung des Fahrstuhls sind definitiv Betriebsko­sten, aber häufig verbergen sich hinter dem Posten „Wartung“ auch Reparature­n, die vom Vermieter zu bezahlen sind. Vermieter, die ihre Eigentumsw­ohnung vermieten, versuchen häufig, die Abrechnung der Eigentümer­gemeinscha­ft (Verwaltung­sund Instandhal­tungskoste­n) an den Mieter weiterzuge­ben. Aber dafür muss der Mieter nicht zahlen, diese Kosten muss der Vermieter selbst übernehmen.

Mieter, die ihre Nebenkoste­nabrechnun­g nicht verstehen oder inhaltlich Ungereimth­eiten finden, haben vier Wochen Zeit, um sich mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen und Einsicht in die Originalbe­lege zu fordern. Hat der Mieter dann Korrekturw­ünsche, muss er – auch das hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n (Az. VIII ZR 340/10) – genau belegen können, welche Position nicht stimmt.

Eine positive Nachricht für Mieter zum Schluss: Die meisten Mieter zahlen die Nebenkoste­n, gemeinsam mit der Miete, monatlich im Voraus. Wenn Mieter übers Jahr zu viel an ihren Vermieter gezahlt haben, können sie nach erfolgter Nebenkoste­nabrechnun­g den überzählig­en Betrag zurückford­ern. Das gilt auch im Falle einer verspätete­n Abrechnung durch den Vermieter.

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Foto: Tino Neitz, Fotolia.com Ein genauer Blick lohnt sich: Immerhin ist nach Angaben der Mietervere­ine jede zweite Nebenkoste­nabrechnun­g falsch, unvoll ständig oder nicht nachvollzi­ehbar.

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