Der Leitl Effekt
Der 40-Jährige war als Spieler Kapitän und Identifikationsfigur des FC Ingolstadt. Als Trainer entwickelt er sich nun zum Glücksfall
Ingolstadt Es ist gerade einmal drei Monate her, dass beim FC Ingolstadt die Angst vor einem erneuten Abstieg umging. Die Oberbayern standen in der 2. Bundesliga nach drei Spieltagen mit null Punkten da. Das Team wirkte verunsichert, gar leblos. Inzwischen ist davon keine Rede mehr. Nach vier Siegen in Folge schnuppern die Ingolstädter sogar an den Aufstiegsplätzen. Der Aufschwung ist in erster Linie mit einem Mann verbunden. Stefan Leitl löste nach drei Spieltagen zunächst als Interimstrainer den erfolglosen Maik Walpurgis ab.
Aus der Zwischen- wurde eine Dauerlösung, die immer mehr zum Glücksfall wird. Leitl ist ein echtes Urgestein, bereits seit zehn Jahren in verschiedenen Positionen beim FCI aktiv. Als Spieler war der 40-Jährige Kapitän, bestritt als Profi 190 Spiele für den Klub. 2013 beendete er seine Karriere, betreute danach erst die U17, dann die zweite Mannschaft. Eine Identifikation, die beim FC Ingolstadt beispiellos ist. Die Fans mögen solche Geschichten. Sätze von Leitl wie „der FC Ingolstadt ist mein Verein, ich bin Schanzer durch und durch“befeuern seine Beliebtheit.
Dass er nun die Profis trainieren darf, ist für Leitl, der seit März im Besitz der Fußballlehrer-Lizenz ist, ein logischer Schritt. „Es war ja kein Geheimnis, dass ich den Weg in den Profi-Bereich einschlagen möchte. Das war immer mein Ziel.“Leitls Fußballphilosophie erinnert in vielen Punkten an die Erfolgszeiten unter Ralph Hasenhüttl. Er kehrte zur Viererkette zurück, lässt anders als Vorgänger Walpurgis mit drei Stürmern spielen. Sein Motto ist einfach wie erfolgreich: „Wir wollen mit hoher Laufbereitschaft aggressiv gegen den Ball arbeiten. Das frühe Stören des Gegners im Aufbauspiel ist entscheidend.“Die Mannschaft dankt es ihm, ist diese Herangehensweise doch in ihr verankert. „Er hat direkt frischen Wind reingebracht und für Aufbruchstimmung gesorgt“, sagt Kapitän Marvin Matip, der noch mit Leitl zusammenspielte. Auch Sonny Kittel lobt: „Er gibt jedem Spieler das Gefühl, gebraucht zu werden.“
Leitl ist authentisch („Ich verbiege mich nicht, werde immer geradeaus, direkt und emotional sein“), mitreißend, spricht selbstbewusst und scheut sich nicht vor unpopulären Entscheidungen. Der langjährige Co-Trainer Michael Henke, ebenfalls eine Identifikationsfigur, hatte keine Zukunft. Stattdessen holte Leitl seinen ehemaligen Mitspieler Andre Mijatovic. Auch personell macht Leitl keine Kompromisse. Mit Dario Lezcano und Stefan Kutschke hat er für Zweitligaverhältnisse zwei Top-Mittelstürmer. Spielen darf jeweils nur einer.
Wohin führt der Weg des FCI? Das Wort Aufstieg will Leitl nicht in den Mund nehmen, seine Aussagen wirken aber wie eine Drohung an die Konkurrenz. Nur schwer zu schlagen sei sein Team, wenn es seine Qualität auf den Platz bringe. Vom Abstieg ist in Ingolstadt jedenfalls längst keine Rede mehr.