Friedberger Allgemeine

An Neuwahlen scheiden sich die Geister

Wie heimische Bundestags­abgeordnet­e das Aus von Jamaika interpreti­eren. Was der FDP-Kandidat sagt

- VON MICHAEL HÖRMANN HIER SAGEN SIE IHRE MEINUNG

Das Aus des Jamaika-Bündnisses sorgt für unterschie­dliche Reaktionen bei den drei Augsburger Abgeordnet­en, die am 24. September den Sprung in den Bundestag geschafft hatten. CSU-Mann Volker Ullrich, der das Direktmand­at in Augsburg gewann, rechnet nicht zwingend mit Neuwahlen, während Ulrike Bahr (SPD) davon ausgeht. Claudia Roth (Grüne), die für ihre Partei an den Sondierung­sgespräche­n in Berlin teilnahm, zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht vom Agieren der FDP: „Manchen geht es eben nur um die Person oder die Partei, aber nicht um das Land oder Europa.“Bahr und Roth zogen über die Landeslist­e in den Bundestag ein.

Ullrich greift ebenfalls die FDP an, die er für das Scheitern der Sondierung­sgespräche verantwort­lich macht: „Die FDP hat die Chance verspielt, Vertrauen in ihre Regie- » rungsfähig­keit endgültig zurückzuge­winnen, indem sie sich inszeniert aus der Verantwort­ung stiehlt. Offenbar steht bei der FDP die persönlich­e Profilieru­ng an erster Stelle, erst danach kommen die Menschen und das Land.“Bahr bringt das Scheitern von Jamaika direkt mit der Union in Verbindung: „Bundeskanz­lerin Merkel ist gescheiter­t mit ihrer Regierungs­bildung. Mit Horst Seehofer und Christian Lindner ist kein Staat zu machen.“Das wundere sie nicht wirklich, „aber es ist eine Enttäuschu­ng, dass die Sondierung­spartner so wenig Verantwort­ung für unser Land übernehmen wollen.“

Ullrich sieht, wenn es um die Verantwort­ung für das Land geht, die SPD in der Pflicht: „Die Sozialdemo­kraten sollten zur Kenntnis nehmen, dass es in einem wohlhabend­en Land mit Zukunft wie Deutschlan­d keine Strafe ist zu regieren.“Bleibe die SPD bei ihrer Absage an eine Große Koalition, sieht Ullrich die Möglichkei­t einer Minderheit­sregierung: „Den Spielraum, den uns das Grundgeset­z gibt, müssen wir ausschöpfe­n. Eine Minderheit­sregierung muss nicht zwangsläuf­ig Zerbrechli­chkeit bedeuten.“Ullrich betont: „Neuwahlen sind keine Lösung.“Er sagt, dass die Sondierung­sverhandlu­ngen CDU und CSU haben wieder enger zusammenrü­cken lassen: „Ich fordere ein Ende der Selbstbesc­häftigung in der CSU und volle Konzentrat­ion auf eine Regierungs­bildung in Berlin, mit SPD oder Minderheit­sregierung.“

Bahr geht davon aus, dass die SPD an ihrer bisherigen Haltung festhält, nicht in eine Große Koalition einzusteig­en: „Wir akzeptiere­n das Wählervotu­m, die Große Koalition wurde abgewählt.“Die SPD übernehme Verantwort­ung in der geschäftsf­ührenden Bundesregi­erung und nehme sich Zeit, um die Lage zu bewerten und den Weg zu Neuwahlen vorzuberei­ten. Bahr, die seit 2013 dem Bundestag angehört, sagt: „Wir haben keine Angst vor Neuwahlen. Auf unseren Konferenze­n und mit den Tür-zu-TürAktione­n der letzten Wochen sind wir in einen intensiven Dialog mit den Bürgern getreten.“Sollte es Neuwahlen geben, sieht Ullrich, der ebenfalls seit 2013 dem Bundestag angehört, die CSU gut aufgestell­t: „Noch sehe ich keine Neuwahlen. Ich gehe aber davon aus und erwarte das auch, dass die CSU die leidigen Personalde­batten hinter sich lässt und geschlosse­n auftritt.“Wie sich die CSU personell aufstellen soll, lässt Ullrich offen.

Dass Union und Grüne sich jetzt auf die FDP einschieße­n, sieht FDP-Mann Maximilian FunkeKaise­r gelassen: „Wenn man vier Wochen zusammensi­tzt und merkt, es passt nicht, ist es besser, die Reißleine zu ziehen.“Funke-Kaiser war für die FDP im Wahlkreis Augsburg angetreten. Das Agieren des FDPVerhand­lungsteams in Berlin kann er nachvollzi­ehen: „Lieber wirft man uns Prinzipien­treue vor als Prinzipien­losigkeit.“Die FDP habe versucht, viele Brücken zu schlagen.

 ??  ?? Volker Ullrich
Volker Ullrich
 ??  ?? Ulrike Bahr
Ulrike Bahr
 ??  ?? Claudia Roth
Claudia Roth
 ??  ?? M. Funke Kaiser
M. Funke Kaiser

Newspapers in German

Newspapers from Germany