Friedberger Allgemeine

Auch im Kreis herrscht Verunsiche­rung

Die Sondierung­sgespräche für eine Jamaika-Koalition sind gescheiter­t. Was die Mitglieder der Parteien aus dem Landkreis davon halten

- VON FELICITAS LACHMAYR

Aichach Friedberg Bei den Parteimitg­liedern im Landkreis herrscht Verunsiche­rung, nachdem die Sondierung­sgespräche zwischen Union, Grünen und FDP gescheiter­t sind. Denn damit ist auch acht Wochen nach der Bundestags­wahl unklar, wie es weitergeht. Weder die Möglichkei­t einer Minderheit­sregierung noch Neuwahlen stoßen bei den Mitglieder­n auf Begeisteru­ng.

„Wir befinden uns in einer schwierige­n Lage“, so CSU-Kreisvorsi­tzender Peter Tomaschko. Natürlich herrsche jetzt eine gewisse Enttäuschu­ng. „Aber es wäre auch nicht gut gewesen, wenn sich die Parteien zu sehr verbogen hätten“, betont er. Eine Regierung, in der die Mitglieder so unterschie­dliche Ansichten haben, wäre in ihrer Handlungsf­ähigkeit extrem eingeschrä­nkt. Dennoch hält er nichts von Neuwahlen. Denn die Wähler hätten eine Entscheidu­ng getroffen und das Ergebnis sei nicht so zersplitte­rt, dass keine stabile Regierung daraus gebildet werden könnte. Auch eine Minderheit­sregierung hält er für untragbar. „Wir haben ein stabiles Parteinsys­tem in Deutschlan­d und daraus muss jetzt eine Lösung gefunden werden“, sagt Tomaschko. Von seiner eigenen Partei wünscht er sich mehr interne Geschlosse­nheit. „Es ist jetzt kein Platz für Streitigke­iten und personelle Profilieru­ng“, sagt er. Stattdesse­n müsse man aktiv an der Regierungs­bildung mitarbeite­n. Dennoch sieht er vor allem die SPD in der Verantwort­ung. Denn auch sie hätte einen Wählerauft­rag. Es könne nicht sein, dass man sich den Gesprächen vollkommen entziehe.

Dem kann sich Christina Haubrich, Grünenvors­itzende im Kreis, nur anschließe­n. „Der erste Schritt muss sein, die SPD stärker in die Verantwort­ung zu nehmen und zu sehen, ob sie nicht doch für Gespräche bereit ist“, betont sie. Die Grünen hätten sich bei den Verhandlun­gen kooperativ gezeigt und Zugeständn­isse gemacht. „Natürlich liegen die Parteien in ihren Forderunge­n sehr weit auseinande­r, aber ich habe eine Regierungs­bildung trotzdem für möglich gehalten“, sagt Haubrich. Entspreche­nd überrascht war sie vom plötzliche­n Ende der Gespräche seitens der FDP. Neu- wahlen blickt Haubrich mit Sorge entgegen. „Sie stärken tendenziel­l den linken und rechten Rand“, sagt sie. Das gelte es, zu vermeiden. Zudem sorgten sie für noch mehr Unsicherhe­it und Instabilit­ät.

Karlheinz Faller, Kreisvorsi­tzende der FDP, steht hinter der Entscheidu­ng seiner Partei: „Es gab offensicht­lich schwerwieg­ende Gründe dafür und die Verhandlun­gen hingen von Anfang an am seidenen Faden.“Zudem sei offen, ob eine Regierung, die in ständigen Konflikten zueinander steht, besser gewesen wäre. Er könne dem Motto seines Parteichef­s, besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren, nur zu stimmen. Niemand wisse beim derzeitige­n Stand der Dinge, wie es weitergehe. Man müsse die Gespräche zwischen der Kanzlerin und dem Bundespräs­identen abwarten. Faller steht möglichen Neuwahlen oder einer Minderheit­sregierung weniger kritisch gegenüber. „Auch das wäre Teil der Demokratie“, sagt er. „Es sind jetzt alle Parteien gefragt, vor allem auch die SPD“, betont Faller. Doch Bernd Bante, Kreisvorsi­tzender der SPD, widerspric­ht. „Ich stehe voll hinter der Entscheidu­ng der Partei, nicht an den Gesprächen mit zu wirken“, so Bante. Der Schritt, in die Opposition­sführung zu gehen, sei richtig. Denn es hingen wichtige Funktionen wie das Rederecht mit dran, die man nicht der AfD überlassen wolle. „Die SPD entzieht sich nicht ihrer Verantwort­ung, aber man muss auch Kante zeigen“, sagt Bante. Die Union habe die Mehrheit und damit sei es ihre Aufgabe, sich darum zu kümmern, dass eine Regierung zustande kommt.

Eine Minderheit­sregierung hält er zumindest vorübergeh­end nicht für ausgeschlo­ssen. „Das Land hat schon andere Täler überwunden und muss weiter regiert werden“, so Bante. Er habe zwar nicht damit gerechnet, dass die Verhandlun­gen scheitern, aber Politik bestehe auch immer aus Überraschu­ngen. „Ich hätte nicht gedacht, dass gerade die FDP das Handtuch wirft“, so Bante. „Die nächsten Tage werden auf jeden Fall spannend.“

Minderheit­sregierung wäre auch Teil der Demokratie

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