Italienisches Flair mitten im Herbst
Das Duo Meerbaum & Saitenwind bringt Sonne in die Herzen der Zuhörer. Der Name des Ensembles erinnert an ein tragisches Schicksal
Friedberg Trotz der winterlichen Temperaturen wurde es den Gästen in der kleinen Eisdiele am Marienplatz schnell warm. Sie wurden förmlich verzaubert und zum Mitsingen angeregt beim letzten Konzert in diesem Jahr, das das Duo Meerbaum & Saitenwind zum Besten gaben. Schon im Vorfeld waren alle Tische in der Eisdiele reserviert, sodass die beiden vor vollem Haus über zwei Stunden spielten.
Schnell wurde es mucksmäuschenstill und die Herzen der Zuhörer waren erfüllt von der Musik und der Lyrik der Friedbergerin Dagmar Rohde sowie den zarten Klängen der Gitarre von Thomas Schlagowski aus Mering. Nur die Eismaschine knackte immer wieder mal dazwischen und die Kühlung brummte. Aber davon ließ sich keiner stören, es gehörte einfach dazu. Rohde hat passend dazu italienische Gedichte ausgewählt, in denen es um die Liebe oder auch das gemeinsame Altwerden ging. Viele unterdrückten die ein oder andere Träne – sei es, dass man so berührt war, aber auch viel lachen musste. Zum Teil hat sie die Gedichte selbst geschrieben, zum Beispiel „Ich möchte so gerne ein Leuchtturmwärter sein“. Davon inspiriert wurde sie in einem verregneten Urlaub an der Nordsee mit ihren zwei kleinen Kindern. Die Menschen damit zu beglücken, liegt ihr sehr am Herzen.
Der Name Meerbaum kommt von der Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger, die noch vor ihrem 18. Lebensjahr in einem Konzentrationslager gestorben ist. „Wir haben immer eines von ihren Gedichten im Programm, um ihr auch heute noch eine Stimme zu geben“, so Rohde. „Das sind Gedichte aus dem Leben.“In der Eisdiele las sie ihr Gedicht „Ofen heizen“vor, danach wurde das Lied „So nah am Feuer“gesungen. Der Name Saitenwind beschreibt den Gitarristen sehr gut, denn passend zu der Lyrik streicht er über die Saiten seines Instruments – zart, aber auch mal kraftvoll. Die Zuhörer können über das Gedicht nachdenken.
Die Atmosphäre war stimmungsvoll. Man spürte, dass Dagmar Rohde es aufgrund ihrer Gesangs- und Sprechausbildung bestens verstand, die Zuhörer mit ihrer Lyrik oder ihren einfühlsamen Liedern in ihren Bann zu ziehen. Man spürte förmlich die Hitze der süditalienischen Städte, wenn sie vorlas – zuerst auf Deutsch, dann auf Italienisch. Berührende Momente voller Charme, Humor und Tiefgang wechselten sich ab. Gegenwartsliteratur verzauberte genauso wie Lyrik von Rainer Maria Rilke.
Als Zugabe spielten die beiden den italienischen Schlager „Nel blu dipinto di blu (volare)“. Zum Fliegen auffordern musste man niemanden – jeder sang mit, klatschte lautstark und belohnte die Künstler mit einem tosenden Applaus. Rohde bedankte sich und sagte: „Wir freuen uns, Sie mit italienischen Impressio- nen und Worten sowie ein wenig Humor nach Italien entführt zu haben. Nehmen Sie die Sonne in ihren Herzen mit nach Hause!“Im Publikum hörte man Stimmen wie: „Ihr habt uns heute auf eine großartige Reise mitgenommen, vielen Dank dafür!“Bis Ende November ist die Eisdiele am Brunnen noch geöffnet, dann geht es in die Winterpause.