Friedberger Allgemeine

Bauen nach Bedarf

Während es an kleinen Wohnungen mangelt, herrscht an Familienhä­usern Überschuss. Dies ergab eine deutschlan­dweite Studie. Doch so eindeutig ist die Lage im Wittelsbac­her Land nicht

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Braucht der Landkreis mehr Einfamilie­nhäuser oder mehr Geschosswo­hnungsbau? Kreisbaume­ister Andres Richter stößt eine Diskussion an.

Aichach Friedberg Ob in Friedberg, Eurasburg oder Schmiechen – überall im Landkreis–Süden entstehen derzeit neue Baugebiete. Meist liegt der Schwerpunk­t auf Einfamilie­nund Doppelhäus­ern. Aber gehen diese Planungen in die richtige Richtung? Nein, sagt Kreisbaume­ister Andres Richter. Er drängt die Gemeinden dazu, den Geschosswo­hnungsbau wieder stärker zu berücksich­tigen.

Anlass zu der Diskussion gab kürzlich eine Sitzung des Gemeindera­ts Schmiechen. Wie berichtet, soll dort ein weiteres Baugebiet erschlosse­n werden, das größtentei­ls Gebäude mit maximal zwei Wohneinhei­ten vorsieht. Unter Berufung auf eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) äußerte sich Kreisbaume­ister Richter kritisch. Dieser Studie zufolge ist der Bedarf großflächi­ger Immobilien mit 226 Prozent mehr als ausreichen­d gedeckt, während Zwei-Zimmer-Einheiten dringend benötigt werden. „Die Studie wurde flächen- durchgefüh­rt“, gibt er im Gespräch mit unserer Zeitung zu bedenken. Sie gelte demnach für Bayern, die Regionen und den Landkreis. Richter räumt freilich ein, dass pauschale Aussagen für das Wittelsbac­her Land schwierig zu treffen seien und jede Kommune für sich den Bedarf ermitteln müsse.

So gab es für die Neubaugebi­ete in Friedberg-Süden eigene Workshops der Bauinteres­senten. Und die hätten sich vorrangig Einzelhäus­er und Doppelhaus­hälften gewünscht, sagt Frank Büschel von der Stadt Friedberg. Ein größeres Neubaugebi­et entsteht derzeit in Stätzling. Dort könnten nach Angaben der Stadt 28 Einzel- und Doppelhäus­er entstehen. Ein zweites Gebiet findet sich an der Afrastraße unterm Berg. Das Areal bietet Platz für etwa 19 Reihenhäus­er und vier private Mehrfamili­enhäuser mit rund 70 Wohnungen. Dazu kommen 65 städtische Wohnungen.

Auch auf Kissing lassen sich die Kenntnisse der IW nicht in vollem Umfang übertragen. „Egal ob Wohnung oder Einfamilie­nhaus, Nach- fragen gibt es in jede Richtung“, bekräftigt Bürgermeis­ter Manfred Wolf. Binnen kürzester Zeit sei das Neubaugebi­et Oberland vergeben gewesen. Nachverdic­htung innerhalb der Ortsgrenze­n soll nun weiteren Platz für Reihenhäus­er schaffen. „Eines ist bereits fertiggest­ellt, das andere befindet sich in Planung“, sagt Wolf.

Ähnliche Tendenzen zeigen sich in Ried. Auf Nachfrage bestätigt Bürgermeis­ter Erwin Gerstlache­r einen Baubedarf sowohl für Wohnungen als auch für Häuser. Momentan in der Erschließu­ng befindet sich ein Baugebiet in Baindlkirc­h. „14 Einzelhäus­er und drei Plätze für den Wohnungsba­u sind vorgesehen“, erklärt er. In der Ortsmitte gebe es zudem ein privat finanziert­es Projekt mit 22 Wohneinhei­ten.

„Alles wird gewünscht“, berichtet Gerhard Failer vom Königsbrun­ner Bauunterne­hmen Dumberger, das zurzeit auch in Mering tätig ist. Kleinere Wohnungen würden insbesonde­re von älteren Herrschaft­en gesucht, die sich verkleiner­n und barrierefr­ei leben möchten. Gedeckend rade hier herrscht „graue Not“, weiß der Experte. „Diese Wohnungen sind sehr beliebt, weil wenige existieren.“Dagegen gingen in ländlicher strukturie­rten Regionen – speziell in Mering – Häuser sehr gut. Doch würde auch hier nach Wohnungen gefragt.

Vergleichb­are Erfahrunge­n hat der Friedberge­r Bauträger Friedrich Ottens gemacht. „Die Nachfrage an kleinen Wohnungen von ein bis zwei Zimmern ist sehr groß“, sagt er. Aus seiner Sicht ist der Bedarf hier nicht gedeckt. Größere Objekte seien vor allem in Ortsteilen wie Stätzling und Wulfertsha­usen sehr gewünscht. „Das betrifft vor allem Reihenhäus­er in der Preislage von 300 000 bis 400 000 Euro.“

Die Diagnosen um den Wohnungsma­rkt im Wittelsbac­her Land driften auseinande­r. In einer Sache scheint sich die Expertise dennoch einig – die vorhandene Nachfrage übersteigt das Angebot. Auch für Kreisbaume­ister Andres Richter steht fest: „Wir müssen Wohnraum schaffen. Aber richtig.“In seinen Augen liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, zunächst keine neuen Baugebiete auszuweise­n und stattdesse­n die Innenentwi­cklung zu fördern. „Gerade im ländlichen Raum ist die Ortsmitte wichtig“, so der Experte. Die vorhandene Infrastruk­tur soll strategisc­h genutzt, Neubauten an den Abriss alter Häuser gekoppelt werden. Ansonsten drohe der sogenannte Donut-Effekt: „Leerstände in der Ortsmitte, während außen herum gebaut wird.“

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Foto: Elisa Glöckner Überall wird gebaut – aber entsteht auch das Richtige?

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