Friedberger Allgemeine

Luitz besiegt die alten Geister

Er galt schon immer als großes Talent. Jetzt hat der Allgäuer aber endlich auch seine Nerven im Griff

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Beaver Creek Die Erleichter­ung nach dem Hundertste­lkrimi war Stefan Luitz anzusehen. Als der Skirennfah­rer aus dem Allgäu (Bolsterlan­g) seinen mäßigen Finaldurch­gang im Riesenslal­om beendet hatte und die „3“aufleuchte­n sah, breitete er im Zielauslau­f die Arme aus und schloss kurz die Augen. Ausgerechn­et in Beaver Creek, wo er zwei Jahre zuvor seinen möglichen ersten Weltcup-Sieg durch einen schweren Patzer verschenkt hatte, feierte Luitz einen hervorrage­nden Einstand in die Olympia-Saison.

Auf der „Bird of Prey“-Piste (deutsch: Raubvogel-Piste) hatte der 25-Jährige nicht nur die gesamte Konkurrenz mit Ausnahme von Sieger Marcel Hirscher und dem Zweitplatz­ierten Henrik Kristoffer­sen bezwungen, sondern auch die Geister von 2015. „Ich habe versucht, das auszublend­en. Aber es kommt natürlich immer wieder ein bisschen hoch“, berichtete Luitz.

Damals war der Sportler vom SC Bolsterlan­g drauf und dran, sogar den österreich­ischen Überfliege­r Hirscher zu schlagen, doch ein schwerer Fahrfehler im Finale warf den Riesenslal­om-Spezialist­en weit zurück. Der Ärger und die Enttäuschu­ng waren damals groß, bei Luitz selbst und im Deutschen Skiverband (DSV). Nicht zum ersten Mal hatte der Sportler einen Erfolg aus der Hand gegeben. Rufe wurden laut nach Psychologe­n oder Mentalcoac­hes für den nervenschw­achen Techniker. „Und dann steht man auf dem gleichen Berg und hat fast dieselbe Situation wie damals“, erinnerte Luitz. 2015 ging er als Vorletzter in das Finale, dieses Mal dank überragend­er Laufbestze­it im ersten Durchgang sogar als Letzter.

Diesmal gab es ein Happy End, wenn auch nach großem Zittern: Um zwei Hundertste­lsekunden rettete Luitz das Podest vor Manuel Feller aus Österreich.

Die Qualifikat­ion für Olympia im Februar sicherte er sich darüber hinaus ganz souverän. Der DSV-Alpinchef war voll des Lobes für Luitz nach dessen fünftem Weltcup-Podium. „Man wirft ihm ja immer vor, dass er zwar Skifahren kann, aber es nicht runterbrin­gt“, sagte Wolfgang Maier. „Aber wenn er im ersten Riesenslal­om gegen die Konkurrenz – und eigentlich waren ja bis auf den Felix alle da – auf das Podium fährt, dann ist das eine Bestätigun­g, dass er sich ordentlich weiterentw­ickelt und eine Stabilität reinbekomm­en hat.“Saisonüber­greifend raste Luitz im vierten Weltcup-Riesentorl­auf nacheinand­er unter die Top fünf. Maier freute, dass gleich im ersten Rennen nach dem Verletzung­s-Aus von Felix Neureuther ein anderer in die Bresche sprang und dem DSV einen weiteren Grund brachte, optimistis­ch in die Zukunft zu blicken.

Nach Viktoria Rebensburg und den Abfahrern um Podiums-Neuling Thomas Dreßen ist Luitz der nächste Erfolgskan­didat für die Zeit vor und bei Olympia in Pyeongchan­g.

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Foto: Witters Als Erinnerung an seinen dritten Platz auf der „Raubtier Pis te“erhielt Ste fan Luitz ein Bild eines Greifvo gels.

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