Streithansl in Stadt und Land
München nennt sich zwar „Weltstadt mit Herz“, hat aber in gut informierten Kreisen auch den zweifelhaften Ruf, die „heimliche Hauptstadt der Grantokratie“zu sein. Das bekommen hauptsächlich Touristen zu spüren. Wer auf der Wiesn versucht, ein kleines Bier zu bestellen, bekommt zur Antwort: „Dann wartst, bis d´ a Mass vertragst.“Noch schlimmer wird es für Unkundige, die im Biergarten ein Glas Milch wollen. Sie müssen mit einer forschen Gegenfrage der Kellnerin rechnen: „Und a Spuizeig glei´ dazu?“
Untereinander aber gehen die Münchner, wenn es nicht gerade ums Bier oder Verstöße gegen althergebrachte Trinksitten geht, freundlicher miteinander um, als man meint. Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten liegt die bayerische Landeshauptstadt im aktuellen „Streitatlas“einer Rechtsschutzversicherung deutlich hinter Berlin, Leipzig oder Köln. Die Zahl der Streitfälle pro 100 Einwohner liegt in München bei 27,7. Im Westen, Norden und Osten Deutschlands liegt die Quote oft deutlich über 30, im Süden der Republik deutlich darunter. Und tendenziell wird in Städten mehr gestritten als in ländlichen Regionen.
Innerhalb Bayerns freilich zeigen sich auch gravierende Unterschiede. Die Augsburger zum Beispiel sind mit einer Streitfallquote von 23,6 deutlich friedlicher als die Münchner. An der Größe der Stadt kann das nicht liegen. Auch Fürth (27,8), Coburg (27,2) und Nürnberg (27,1) stehen den Münchnern in der Streitlust nicht nach. Auch der Landkreis Ebersberg (27,7) fällt aus der Reihe. Und dann auch noch das: Die Stadt Kempten liegt mit einem Wert von 28,3 in Bayern an der Spitze, obwohl es im umliegenden Oberallgäu (19,1) sehr friedlich zugeht.