Vorsicht vor übereilten Widmungen
Manuel Charr will seinen gerade erst gewonnenen WM-Titel im Schwergewicht in Kürze verteidigen. Dafür drücken wir ihm die Daumen. Zum einen, weil der gebürtige Libanese auf schwer zu ergründende Weise einer von uns ist zum anderen, weil der Titel ein bisschen auch allen Deutschen gehört. Charr hat ihn, dem alten Boxermotto getreu, wonach Geben seliger denn Nehmen ist, uns geschenkt.
Zugegeben, zuallererst hat er ihn Angela Merkel zugedacht. Sicher die spektakulärste Widmung ihrer Amtszeit, gefolgt von jener violettmintfarbenen Orchideenart, die in Singapur auf den Namen Dandrobium Angela Merkel hört. Um sicherzugehen, dass ihn nicht nur Angela in ihr Herz schließt, hat der 33-Jährige nach seinem Triumph noch die alte Papst-Zeile der
in „Deutschland, wir sind Weltmeister“umgedichtet. Schwergewichtsweltmeister, um genau zu sein. 85 Jahre mussten wir darauf warten, bis endlich einer unserer Jungs in die Fußstapfen von Max Schmeling getreten ist – und dann findet dieser Kerl seinen deutschen Pass nicht. Dass er die Schuld erst einmal auf das bekanntermaßen weltmeisterliche deutsche Behördenwesen geschoben hat, wo der Ausweis noch irgendwo rumliege, war nicht nett. Charr, das ist inzwischen weit über alle Boxringe hinaus bekannt, hat keinen deutschen Pass. Er hatte noch nie einen, was möglicherweise auch mit einer U-Haft infolge illegalen Autohandels zusammenhängt.
Die deutschen Amtszimmer jedenfalls waren entlastet und die Frage, warum der Weltmeister seinen Titel ausgerechnet einer sportfernen Regierungschefin widmet, war für viele beantwortet. Die Kanzlerin hat in der Flüchtlingskrise vieles geschafft, da wird sie für einen Weltmeister, der seinen libanesischen Vornamen Mohammed dem deutschen Manuel geopfert hat, doch noch einen Pass herbringen. Ach, hätte Manuel den Titel, wie andere auch, einfach seiner Verlobten oder seinem Friseur gewidmet. Keiner hätte ihn nach seinem Pass gefragt. Er hätte den WMGürtel als Manuel Charr gewonnen, und so würde er jetzt ganz allein ihm gehören.