„Ich kann euch sagen, es wird gut“
Bisher kennt so gut wie niemand die Operette „Roxy und ihr Wunderteam“. Dass das bald anders sein wird, davon ist man beim Theater Augsburg überzeugt
Das Stück ist ungewöhnlich, da darf der Ort auch ein ausgefallener sein. Also nicht ins Theater zum Pressegespräch; nein, im „11er“, der „Fußballkulturkneipe“in der Augsburger Innenstadt, soll den versammelten Berichterstattern Kunde werden von der Produktion, die am kommenden Samstag Premiere hat. Also Tür auf zum „11er“, und da ist man auch gleich mitten im Thema, steht doch im Eck der Kicker und blicken von oben die Spielübertragungsbildschirme in den Raum – während es am Tisch darunter um die „Fußballoperette“geht.
Das Theater Augsburg hat Paul Abrahams „Roxy und ihr Wunderteam“ausgegraben, und so haben sich im „11er“maßgebliche Akteure der Neuinszenierung dieses selbst bei Operettenfreunden weithin unbekannten Stücks versammelt: Intendant André Bücker, Regisseur Martin G. Berger sowie einer, ja vielleicht sogar Hauptdarsteller der Augsburger „Roxy“, Jimmy Hartwig. Er und Berger kommen geradewegs vom Martinipark, wo offenbar harte Probeneinheiten zu absolvieren waren, denn die beiden verdrücken je einen mehrstöckigen Burger. Trotzdem findet der Regisseur Lücken, launig vom Komponisten Abraham zu erzählen, etwa, wie der als Emigrant und mental schon etwas angeschlagen auf dem New Yorker Times Square ein imaginäres Orchester dirigierte.
André Bücker, der sich auf Cappuccino beschränkt, verschafft den Hungrigen Zeit, indem er berichtet, wie man ausgerechnet auf den – ursprünglich in ungarischer Sprache gehaltenen – musikalischen Fußballschwank aus dem Jahr 1936 gekommen sei. Operette wollte man machen am Theater Augsburg, „aber nicht die x-te ,Csárdásfürstin‘“. Und auch keinen „säuseligen“Plüsch wollte man bieten, sondern Operette, die sich auf die alten Tugenden des Genres besinnt und Spritzigkeit und auch ein Stück weit Subversivität aufbietet. Regisseur Berger schaltet sich wieder ein und ergänzt, dass „Roxy und ihr Wunderteam“des jüdischen UngarnDeutschen Abraham schon zwei Jahre nach der Uraufführung die für lange Zeit letzte Vorstellung erlebte und erst 2014 in Dortmund zu neuem Leben erweckt wurde. Die Inszenierung
● Premiere 9. Dezember im Martini Park (19.30 Uhr)
● Dirigent Lancelot Fuhry
● Inszenierung Martin G. Berger
● Choreografie Marie Chr. Zeisset
● Bühnenbild Sarah Katharina Karl
● Kostüme Silke Bornkamp
geht es in der Operette? So richtig erschließt sich die Geschichte nicht aus den Erzählungen an diesem Nachmittag im „11er“, was vielleicht auch daran liegt, dass die Story, nicht ganz untypisch für das Genre, so wahnsinnig wichtig ● Darsteller Katja Berg (Roxy), Wiard Withold (Bobby Cheswick), Markus Hauser (Sam Cheswick), Eva Kuperion/ Cathrin Lange (Aranka Tötössy), Jimmy Hartwig (Franz Szatmary), Thaisen Rusch (Philipp Gjurka), Gerhard Werlitz (Pepe Tactico), u. a.
gar nicht ist. Es geht um Fußball, um ein Team, das auf dem Platz taktisch geschickt und abseits des Feldes ziemlich intrigant agiert, und es geht um Roxy, eine junge Journalistin, die die Mannschaft auf ihre Weise durcheinanderwirbelt. NaWorum türlich, sagt Regisseur Berger, während er nach einem Pommes angelt, habe er seine Inszenierung „auf Augsburg gedreht“und mit aktuellen Fußballanspielungen durchsetzt, unter anderem beim Auftritt des DFB-Präsidenten, der in „Roxy“den Namen Franz Szatmary trägt.
Das ist das Stichwort für Jimmy Hartwig – „Nennen Sie mich Jimmy!“–, der den Rest seines Riesenburgers zur Seite schiebt und erst einmal vom „absolut geilen Ensemble“schwärmt, das da in Augsburg die Produktion zuwege bringe. Hartwig ist dieser DFB-Präsident im Stück, und der frühere Bundesligaspieler flachst, als OperettenDFB-Chef, der auch ein paar Spitzen auf den Fußball von heute loszulassen habe, müsse er schon aufpassen, dass er nicht mit seinem realen Amt als DFB-Integrationsbotschafter in Konflikt gerate. Intendant Bücker erklärt, zur Verpflichtung Hartwigs sei es deshalb gekommen, weil man der Inszenierung „ein bisschen credibility“, den nötigen Fußball-Stallgeruch, habe verschaffen wollen, und da sei Hartwig
Ein Fußballschwank aus dem Jahr 1936
Ex Trainer Jimmy Hartwig spielt den DFB Präsidenten
der Idealfall – als klasse Fußballer und ehemaliger FCA-Trainer, der vom Schauspieler und Regisseur Thomas Thieme für die Theaterbühne entdeckt wurde. Tatsächlich spielte Hartwig sogar schon die Titelrolle im „Woyzeck“– in dem mit hessischer Sprachklang eingefärbten Büchner-Drama „ging’s für mich richtig ab“, erinnert sich der gebürtige Offenbacher mit unüberhörbar landestypischem Zungenschlag.
16 Aufführungen im Martinipark sind von „Roxy und ihr Wunderteam“geplant, zwei davon allein am Silvestertag. Und sollten die vier Termine vor Weihnachten allesamt ausverkauft sein, dann, verspricht Hartwig, „mach ich hier drin ’ne Lesung“, ein Wort, das „11er“-Geschäftsführer Markus Krapf, der mit am Tisch sitzt, freudig aufhorchen lässt. André Bücker schwenkt derweil nochmal aufs Theater, beschwört das Bild der kraftvollen Bindung zwischen dem Fußball und seinem Publikum, ein emotionales Band, das er sich als Ideal auch für die Bühne und das Theaterpublikum wünschen würde.
An Jimmy Hartwig soll’s bei „Roxy“nicht liegen. „Ich kann euch sagen“, und die Augen blitzen dabei unternehmungslustig in die Runde, „das wird absolut gut.“