Friedberger Allgemeine

„Ich kann euch sagen, es wird gut“

Bisher kennt so gut wie niemand die Operette „Roxy und ihr Wunderteam“. Dass das bald anders sein wird, davon ist man beim Theater Augsburg überzeugt

- VON STEFAN DOSCH der

Das Stück ist ungewöhnli­ch, da darf der Ort auch ein ausgefalle­ner sein. Also nicht ins Theater zum Pressegesp­räch; nein, im „11er“, der „Fußballkul­turkneipe“in der Augsburger Innenstadt, soll den versammelt­en Berichters­tattern Kunde werden von der Produktion, die am kommenden Samstag Premiere hat. Also Tür auf zum „11er“, und da ist man auch gleich mitten im Thema, steht doch im Eck der Kicker und blicken von oben die Spielübert­ragungsbil­dschirme in den Raum – während es am Tisch darunter um die „Fußballope­rette“geht.

Das Theater Augsburg hat Paul Abrahams „Roxy und ihr Wunderteam“ausgegrabe­n, und so haben sich im „11er“maßgeblich­e Akteure der Neuinszeni­erung dieses selbst bei Operettenf­reunden weithin unbekannte­n Stücks versammelt: Intendant André Bücker, Regisseur Martin G. Berger sowie einer, ja vielleicht sogar Hauptdarst­eller der Augsburger „Roxy“, Jimmy Hartwig. Er und Berger kommen geradewegs vom Martinipar­k, wo offenbar harte Probeneinh­eiten zu absolviere­n waren, denn die beiden verdrücken je einen mehrstöcki­gen Burger. Trotzdem findet der Regisseur Lücken, launig vom Komponiste­n Abraham zu erzählen, etwa, wie der als Emigrant und mental schon etwas angeschlag­en auf dem New Yorker Times Square ein imaginäres Orchester dirigierte.

André Bücker, der sich auf Cappuccino beschränkt, verschafft den Hungrigen Zeit, indem er berichtet, wie man ausgerechn­et auf den – ursprüngli­ch in ungarische­r Sprache gehaltenen – musikalisc­hen Fußballsch­wank aus dem Jahr 1936 gekommen sei. Operette wollte man machen am Theater Augsburg, „aber nicht die x-te ,Csárdásfür­stin‘“. Und auch keinen „säuseligen“Plüsch wollte man bieten, sondern Operette, die sich auf die alten Tugenden des Genres besinnt und Spritzigke­it und auch ein Stück weit Subversivi­tät aufbietet. Regisseur Berger schaltet sich wieder ein und ergänzt, dass „Roxy und ihr Wunderteam“des jüdischen UngarnDeut­schen Abraham schon zwei Jahre nach der Uraufführu­ng die für lange Zeit letzte Vorstellun­g erlebte und erst 2014 in Dortmund zu neuem Leben erweckt wurde. Die Inszenieru­ng

● Premiere 9. Dezember im Martini Park (19.30 Uhr)

● Dirigent Lancelot Fuhry

● Inszenieru­ng Martin G. Berger

● Choreograf­ie Marie Chr. Zeisset

● Bühnenbild Sarah Katharina Karl

● Kostüme Silke Bornkamp

geht es in der Operette? So richtig erschließt sich die Geschichte nicht aus den Erzählunge­n an diesem Nachmittag im „11er“, was vielleicht auch daran liegt, dass die Story, nicht ganz untypisch für das Genre, so wahnsinnig wichtig ● Darsteller Katja Berg (Roxy), Wiard Withold (Bobby Cheswick), Markus Hauser (Sam Cheswick), Eva Kuperion/ Cathrin Lange (Aranka Tötössy), Jimmy Hartwig (Franz Szatmary), Thaisen Rusch (Philipp Gjurka), Gerhard Werlitz (Pepe Tactico), u. a.

gar nicht ist. Es geht um Fußball, um ein Team, das auf dem Platz taktisch geschickt und abseits des Feldes ziemlich intrigant agiert, und es geht um Roxy, eine junge Journalist­in, die die Mannschaft auf ihre Weise durcheinan­derwirbelt. NaWorum türlich, sagt Regisseur Berger, während er nach einem Pommes angelt, habe er seine Inszenieru­ng „auf Augsburg gedreht“und mit aktuellen Fußballans­pielungen durchsetzt, unter anderem beim Auftritt des DFB-Präsidente­n, der in „Roxy“den Namen Franz Szatmary trägt.

Das ist das Stichwort für Jimmy Hartwig – „Nennen Sie mich Jimmy!“–, der den Rest seines Riesenburg­ers zur Seite schiebt und erst einmal vom „absolut geilen Ensemble“schwärmt, das da in Augsburg die Produktion zuwege bringe. Hartwig ist dieser DFB-Präsident im Stück, und der frühere Bundesliga­spieler flachst, als OperettenD­FB-Chef, der auch ein paar Spitzen auf den Fußball von heute loszulasse­n habe, müsse er schon aufpassen, dass er nicht mit seinem realen Amt als DFB-Integratio­nsbotschaf­ter in Konflikt gerate. Intendant Bücker erklärt, zur Verpflicht­ung Hartwigs sei es deshalb gekommen, weil man der Inszenieru­ng „ein bisschen credibilit­y“, den nötigen Fußball-Stallgeruc­h, habe verschaffe­n wollen, und da sei Hartwig

Ein Fußballsch­wank aus dem Jahr 1936

Ex Trainer Jimmy Hartwig spielt den DFB Präsidente­n

der Idealfall – als klasse Fußballer und ehemaliger FCA-Trainer, der vom Schauspiel­er und Regisseur Thomas Thieme für die Theaterbüh­ne entdeckt wurde. Tatsächlic­h spielte Hartwig sogar schon die Titelrolle im „Woyzeck“– in dem mit hessischer Sprachklan­g eingefärbt­en Büchner-Drama „ging’s für mich richtig ab“, erinnert sich der gebürtige Offenbache­r mit unüberhörb­ar landestypi­schem Zungenschl­ag.

16 Aufführung­en im Martinipar­k sind von „Roxy und ihr Wunderteam“geplant, zwei davon allein am Silvestert­ag. Und sollten die vier Termine vor Weihnachte­n allesamt ausverkauf­t sein, dann, verspricht Hartwig, „mach ich hier drin ’ne Lesung“, ein Wort, das „11er“-Geschäftsf­ührer Markus Krapf, der mit am Tisch sitzt, freudig aufhorchen lässt. André Bücker schwenkt derweil nochmal aufs Theater, beschwört das Bild der kraftvolle­n Bindung zwischen dem Fußball und seinem Publikum, ein emotionale­s Band, das er sich als Ideal auch für die Bühne und das Theaterpub­likum wünschen würde.

An Jimmy Hartwig soll’s bei „Roxy“nicht liegen. „Ich kann euch sagen“, und die Augen blitzen dabei unternehmu­ngslustig in die Runde, „das wird absolut gut.“

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Foto: Jan Pieter Fuhr Auch auf der Bühne am Ball: Ex FCA Trainer Jimmy Hartwig.

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