Sie verbringen den Lebensabend in einer Villa
Zwölf Senioren haben sich für das Leben in der „Villa Ancora“entschieden
Im Italienischen heißt „Ancora“Anker. In der „Villa Ancora“in Bergheim haben die zwölf Bewohner nochmals ihren Lebensanker ausgeworfen – vermutlich zum letzten Mal. Die meisten Frauen und Männer, die hier leben, sind um die 90 Jahre alt, berichtet Geschäftsführerin Maria Braun. Sie haben sich bewusst für ein Leben in der Senioren-Wohngemeinschaft entschieden.
So wie Gertrud Mair, 85, aus Göggingen. Mit ihrem Mann Johann ist sie seit 64 Jahren verheiratet. Er ist an Demenz erkrankt, das gemeinsame Leben in der eigenen Wohnung wurde immer schwieriger. „Wir sind schon so lange zusammen. Ich hatte auch viele Krankheiten und er hat mir immer geholfen. Deshalb hätte ich ihn nie allein gelassen“, sagt Gertrud Mair. In der „Villa Ancora“konnte das Paar gemeinsam ein größeres Zimmer beziehen.
Der Schritt in die Senioren-WG fiel ihr deshalb leicht. „Wenn das nicht möglich gewesen wäre, hätte ich unsere Wohnung nicht aufgegeben.“In ihr gemeinsames Zimmer haben sie einige Möbel und Gegenstände von zu Hause mitgebracht – Erinnerung an ihr gemeinsames Leben.
Auch in den Zimmern der anderen WG-Bewohner stehen lieb gewonnene Andenken: verzierte Kommoden und Schränke, Figuren und Bilder, Muscheln aus einem Urlaub, Fotos von der Familie. Die Tiefenbacher Stiftung aus Gersthofen hat die Villa in Bergheim im Jahr 2013 erworben.
Früher wurde das Haus von einer Familie genutzt. „Unter dem Dach gab es noch zwei kleine Wohnungen, die für Hauspersonal vorgesehen waren“, erzählt Maria Braun. Einen Aufzug habe es in dem Haus schon immer gegeben. Das ist nun von Vorteil. Die Bewohner, die teils nicht mehr gut zu Fuß sind und gepflegt werden müssen, können ihn nutzen und müssen sich nicht treppauf und treppab zu den verschiedenen Stockwerken der Villa bewegen.
Ansonsten hat sich in dem großen Haus einiges verändert. Die zwölf Bewohner sind in Doppel- und Einzelzimmern untergebracht, die unterschiedlich groß sind. Es gibt eine große Küche und einen großen Gemeinschaftsraum, in dem alle Bewohner ihre Mahlzeiten einnehmen. Am Mittwochmittag gibt es Eintopf, zur Nachspeise Vanillepudding.
Auf dem Tisch stehen frische Blumen, Kleinigkeiten, die den Bewohnern viel bedeuten. „Mit gefällt es hier gut, weil es eine kleine Wohngemeinschaft ist und keine große Anlage“, betont Gertrud Mair.
Hier kenne jeder jeden, es herrsche eine familiäre Atmosphäre. An den Nachmittagen wird gemeinsam gebastelt oder gesungen, an Geburtstagen wird zusammen gefeiert. „Und wer keine Lust auf Gemeinschaft hat, der bleibt einfach in seinem Zimmer. Das mache ich auch. Dann lese ich etwas oder räume auf“, sagt sie.
Innerhalb kürzester Zeit waren alle Zimmer im Haus Ancora, das im Jahr 2014 seinen Betrieb aufgenommen hat, belegt. „Wir haben eine lange Warteliste“, sagt Maria Braun.
Durch die vergleichsweise kleine Wohneinheit könnten die Bewohner individueller betreut werden. „Bei uns kann beispielsweise jeder frühstücken, was er will. Die einen wollen Wurstbrot, die anderen Milchbrötchen mit Marmelade. Eine Bewohnerin will Rühreier mit Speck oder Eier im Glas. Diese Sonderwünsche können wir auch erfüllen“, sagt die Geschäftsführerin.
Das Konzept gehe gut auf. So gut, dass es auch bald in Westheim eine Senioren-WG geben wird. Dort betreibt die Einrichtung, die auch einen ambulanten Pflegedienst im Einsatz hat, eine Tagespflege. „An dem Haus wird angebaut und es entsteht ebenfalls eine WG mit zwölf Plätzen. Daneben wird es dort einen Raum zum Probewohnen geben“, berichtet Maria Braun.