Mit fast 80 ist er fit wie ein Turnschuh
Auch nach dem 50. Deutschen Sportabzeichen in Gold will sich Rudi Sattler nicht ausruhen. Wie der 79-Jährige nach einem schweren Skiunfall von seiner antrainierten Fitness profitierte
Aichach Zum 49. Mal errang Rudi Sattler vor einem Jahr das Deutsche Sportabzeichen in Gold. Damit war klar, mit welcher Zielsetzung er das Sportjahr 2017 ansteuern würde. Die Nummer 50 und damit das goldene Jubiläum wollte er feiern. Im Januar sah es keineswegs danach aus, als sollte der Aichacher dieses Ziel tatsächlich erreichen. Da war für einige Zeit an sportliche Aktivitäten keineswegs zu denken.
„Mister Sportabzeichen“, wie ihn TSV-Vorsitzender Klaus Laske beim Ehrungsabend respektvoll bezeichnete, war zusammen mit seiner Ehefrau Gerlinde zum Skifahren nach Steinach am Brenner gereist. Die letzte Abfahrt wurde ihm zum Verhängnis. Ganz am Ende wagte Sattler bereits einen kurzen Blick auf den Parkplatz in Richtung Bus, doch dort blieb sein Platz bei der Heimfahrt allerdings leer. Sattler war auf einer Eisplatte ausgerutscht mit fatalen Folgen: Sein linker Oberschenkel war gesplittert, ein Hubschraubertransport in ein Krankenhaus erforderlich. Nach einer Woche ging’s heim, drei Tage in der Aichacher Klinik folgten. Aber der Pensionär, der im nächsten Jahr 80 Jahre jung wird, sprühte schon wieder vor Ehrgeiz. Was ihm sichtlich gut tat im Krankenbett: „Ein Arzt hat mir gesagt, wie sehr er erstaunt ist über meine Muskulatur.“
Noch ehe die Reha beendet war, saß der Rekonvaleszent schon wieder im Keller auf seinem Rad und trat in die Pedale. In all den Jahren Sattlers Leistungen mit beachtlichen Resultaten belohnt, dazu gab’s lobende Worte, Urkunden und Anstecknadeln. Nun durfte der Patient erfreut feststellen, dass ihm die antrainierte Fitness auf dem Weg zurück in ein normales Leben wertvolle Dienste leistete. Heute sieht man Rudi Sattler beim Gehen noch an, dass es ihn bös erwischt hatte. Doch wichtiger ist die Aussage: „Ich bin schmerzfrei.“Darum war es auch irgendwie selbstverständlich, dass Sattler bei der Vergawurden be der Sportabzeichen nicht nur mit reichlich Applaus bedacht im Mittelpunkt der Ehrungen stand, sondern dass er auch selber vielen Mitstreitern die Hand schütteln durfte in einem Kreis, der ihm seit Jahrzehnten zu einer Art zweiter Familie wurde. „Ich bin mir sicher, dass bei dem Fünfer die Null nicht lange stehen bleibt“, meinte Klaus Laske bei der goldenen Ehrung. Sattler ist durchaus entschlossen, den Weg weiterzugehen – aber nicht auf Biegen und Brechen. Er könnte sich vorstellen, dass er sich im nächsten Jahr mit Silber oder Bronze begnügt – da sind die Anforderungen nicht ganz so hoch.
Sattler gehört zu den Heimatvertriebenen, die nach dem Krieg in Bayern Fuß fassten. In Babenhausen wuchs er auf, 1964 kam er nach Aichach: „In der ersten Woche bin ich schon zum TSV gestoßen.“Seit 1980 leitet er die Abteilung des Jedermannturnens, für die er jeden Montag eine Stunde lang Gymnastik anbietet. Und wie fand er zum Sportabzeichen? Über Alois Heilgemeir, der damals Chef dieser Abteilung und der Sportabzeichenreferent war. Sattler: „Der hat mich eingeführt.“Ans 50. Sportabzeichen dachte er damals noch nicht, solche Überlegungen wurden erst ein Thema, als er das 40. geschafft hatte. Aus tiefer Überzeugung rät der 79-Jährige jüngeren Jahrgängen dazu, es ihm gleichzutun: „Man hat einen gewissen Level. Ich weiß, wie fit ich bin. Ein Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“
Radfahren ist seine Spezialdisziplin – und so bewältigte Sattler, früher Chef der Verwaltung in Aindling, bei der Prüfung eine 20 Kilometer lange Strecke in 46 Minuten. Und daneben bewies er auch beim Seilspringen, dass Sport jung und gesund erhält.