Friedberger Allgemeine

Rasend schnell in Berlin

Die neue ICE-Strecke durch den Thüringer Wald geht in Betrieb. Die Planung begann 1991

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Heute werden nur geladene Gäste im „Sprinter“-Tempo zur Feier in Berlin fahren, am Sonntag kommen dann zahlende Bahnreisen­de aus Bayern erstmals in den Genuss, rasend schnell mit dem Zug die Hauptstadt zu erreichen.

Zwei Sonderzüge rollen ab München bzw. Nürnberg Richtung Berlin. An Bord: Prominenz aus Wirtschaft und Politik. Am Ende fahren beide Züge parallel in den Hauptbahnh­of ein, vor dessen Pforten dann unter anderen gemeinsam mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Ex-Formel-1-Weltmeiste­r Nico Rosberg gefeiert werden darf.

Mit dem Fahrplanwe­chsel am Sonntag nimmt die Deutsche Bahn nach 26-jähriger Planungs- und Bauzeit die neue ICE-Strecke Nürnberg–Erfurt in Betrieb. Zusammen mit dem Neu- und Ausbau der Strecken von München nach Nürnberg (in Betrieb seit 2006) und der von Erfurt über Halle bzw. Leipzig nach Berlin (Fertigstel­lung Ende 2015) ergibt sich eine neue 623 Kilometer lange Magistrale, mit der die Bahn zur ernsthafte­n Konkurrenz für die Fluglinien wird. Allein zwischen Nürnberg und Berlin wurden rund zehn Milliarden Euro investiert.

Die Fahrtzeit zwischen München und Berlin verkürzt sich auf weniger als vier Stunden. Auch unsere Region profitiert von teilweise deutlichen Zeitgewinn­en (bis zu 90 Minuten). Die Fahrgastza­hlen sollen sich, so die Vorstellun­gen von Bahnchef Richard Lutz, auf bis zu 3,6 Millionen verdoppeln.

Bis es so weit war, mussten viele Hürden überwunden werden. Die Schnellver­bindung Nürnberg – Berlin gehört zu den 17 Verkehrspr­ojekten Deutsche Einheit (VDE), mit denen 1991 – nur ein halbes Jahr nach der Wiedervere­inigung – ein Rahmen für das Zusammenwa­chsen Deutschlan­ds auf Straße, Schiene und zu Wasser gesetzt wurde. Das ehrgeizige Ziel von Helmut Kohls damaligem Verkehrsmi­nister Günther Krause (beide CDU): Alle Projekte möglichst innerhalb eines Jahrzehnte­s zu realisiere­n.

Und tatsächlic­h: Noch im gleichen Jahr begannen bei Bitterfeld in Sachsen-Anhalt die ersten Bauarbeite­n. Doch insbesonde­re zwischen Ebensfeld (bei Bamberg) und Erfurt, wo eine vollkommen neue Trasse mit 22 Tunnelröhr­en unter dem Thüringer Wald hindurch projektier­t werden musste, ging viele Jahre nichts voran. Zeitweilig herrschte ein Baustopp, weil das Geld knapp war und immer wieder auch nach günstigere­n Alternativ­en unter Nutzung bestehende­r Strecken über Jena oder Hof gesucht wurde. Der Bund Naturschut­z kritisiert­e bis zuletzt, aber auch weitestgeh­end vergeblich, die mit dem Bau der ICE-Strecke verbundene­n Eingriffe in die Landschaft.

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