Viele Autoversicherungen werden teurer
Kunden müssen das nicht einfach hinnehmen: Erhöht der Versicherer die Preise, können sie kündigen
München Für eine zweistellige Millionenzahl von Autofahrern wird die Kfz-Versicherung teurer. Geschätzt zwei Drittel aller Kfz-Versicherungskunden in Deutschland seien in diesem Jahr Preiserhöhungen ins Haus geflattert, heißt es beim größten deutschen Kfz-Versicherer HUK Coburg. Nach Angaben der Online-Versicherungsmakler Check24 und Verivox sind im Vergleich 2016 nicht nur die Durchschnittpreise gestiegen, sondern auch die Tarife für die günstigsten Angebote.
Die Kündigungsfrist bei Autoversicherungen beträgt normalerweise vier Wochen. Und weil die meisten Autofahrer, wenn sie die Versicherung wechseln möchten, das zum neuen Jahr tun wollen, war der letztmögliche Kündigungstermin der 30. November – eigentlich. Denn was viele Verbraucher nicht wissen: Erhöht die Versicherung die Preise, ohne dafür mehr Leistung anzubieten, hat der Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Es beginnt an dem Tag, an dem die Meldung über die gestiegenen Preise eintrifft, und besteht dann einen Monat. Darauf weist der Bund der Versicherten hin. Die Kündigung ist dann mit der geplanten Preiserhöhung wirksam.
Was sich erst einmal einfach anhört, haben viele Versicherer aber knifflig gemacht. Denn sie haben sich eines Tricks bedient, um den Eifer bei der Suche nach einer neuen Kfz-Police zu dämpfen: „Dieses Jahr haben viele Versicherer ihre Rechnungen erst sehr spät im November verschickt“, sagte Björn Hinrichs, Branchenleiter Versicherungen bei Arvato Financial Services. Der Grund: „Vielen Kunden ist gar nicht klar, dass sie im Falle einer Beitragserhöhung ein Sonderkündigungsrecht haben.“Der Wiesbadener Finanzdienstleister hat einen sehr guten Marktüberblick, denn Arvato prüft im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) neue Versicherungsanträge in Deutschland – eine Art Schufa für die Assekuranz.
Für Kunden, deren Jahresprämie sich erhöht, heißt das: „ Sie können auch noch im Dezember ihre KfzVersicherung wechseln“, sagte Hinrichs.
Herauszufinden, ob man selbst mehr zahlen muss, ist nicht so leicht: „Viele Beitragsschreiben sind so formuliert, dass eine Erhöhung nicht direkt zu erkennen ist“, sagt Hinrichs. Dementsprechend ist die diesjährige Wechselsaison bislang ruhig verlaufen. „In diesem Jahr sind auch keine großen Preisbrecher unter den Versicherern dabei, das war schon anders“, sagte er.
Das Vergleichsportal Verivox bestätigt diese Einschätzung: „Aus Gesprächen mit den Versicherern wissen wir, dass die Wechselsaison verhalten war“, sagte Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH. Seiner Einschätzung nach liegt das auch daran, dass Versicherer, die bislang günstige Angebote hatten, ebenfalls ihre Preise erhöht hätten. Deshalb hätten Autofahrer, die schon günstig versichert seien, vermutlich bisher noch kein besseres Angebot am Markt gefunden.
Auch die Verivox-Daten deuten darauf hin, dass viele Autofahrer das Schreiben mit der Preiserhöhung erst vor kurzem erhalten haben: „Das sehen wir an der regen Nachfrage im Dezember, die bisher klar über den ersten Dezembertagen 2016 liegt“, sagte Schütz.
Das Münchner Vergleichsportal Check24 – nach eigenen Angaben Nummer eins der Branche – bezifferte den durchschnittlichen Preis einer Kfz-Police im November 2017 auf 289 Euro, fünf Prozent mehr als vor einem Jahr. Und bis zum 3. Dezember gab es laut Check24 bereits einen weiteren leichten Preisanstieg um 6 Euro. Seit 2009 sei der Durchschnittspreis für eine Kfz-Police um 52 Prozent gestiegen, sagte ein Unternehmenssprecher. Jahrelang lieferten sich die Versicherer einen sehr harten Preiskampf. Doch gleichzeitig steigt seit langem der Schadendurchschnitt – also die durchschnittlichen Kosten des Versicherers pro Autoreparatur.