Friedberger Allgemeine

Geisterfah­rer Silvano Tuiach sorgt in Kissing für Lacher

Der Kabarettis­t tritt beim SPD-Demokratie­empfang auf. Auch Landtagsfr­aktionsche­f Markus Rinderspac­her ist dabei

- VON HEIKE SCHERER

Kissing Im kommenden Jahr am 8. November feiert der Freistaat Bayern sein 100-jähriges Bestehen. Das Ende der Monarchie läutete der Sozialdemo­krat Kurt Eisner ein. Mit dem Beginn der Republik hatten auch die Frauen das Wahlrecht. In Erinnerung organisier­te die SPDLandtag­sabgeordne­te Simone Strohmayr mit den Jungsozial­isten im Kissinger Bernhard-Zimmermann-Haus einen Demokratie­empfang. Als Ehrengäste hatten die SPD Landtagsfr­aktionsche­f Markus Rinderspac­her und den Augsburger Kabarettis­ten Silvano Tuiach für ihren Besuch gewonnen.

Kissings Bürgermeis­ter Manfred Wolf erinnerte sich, dass Renate Schmidt im Jahr 1995 im BernhardZi­mmermann-Haus den fulminante­n Auftakt seines Kommunalwa­hlkampfes gemacht hatte. Auch Otto Schily hatte er hier empfangen und ihm das Amt des Innenminis­ters vorausgesa­gt. Den Geisterfah­rer Silvano Tuiach kenne er seit über 35 Jahren und erinnerte sich, wie er ihn beim Neujahrsem­pfang krankheits­bedingt entschuldi­gt und Herrn Hennemann auf die Bühne gebeten habe. Einige Bürger lobten den würdigen Vertreter, ohne zu merken, dass es Tuiach selbst war.

„Viele Menschen sind politikmüd­e und parteiverd­rossen und die Demokratie nicht im besten Zustand“, begann SPD-Landtagsfr­aktionsche­f Markus Rinderspac­her seinen Vortrag. Er erinnerte an die Sozialiste­n Kurt Eisner, Erhard Auer und Johannes Timm, die am 7. November 1918 die Demonstrat­ion von 100000 Menschen auf der Münchner Theresienw­iese organisier­t hatten. Den Freistaat Bayern rief Eisner – er wurde am 21. Februar 1919 Opfer eines Anschlags – einen Tag später aus. Die Demokratie sei der Grundstein des Zusammenle­bens. Allerdings sei Bayern immer noch monarchisc­h geprägt. Es gäbe in den Städten eine Ludwig-, Maximilian­oder Residenzst­raße, aber keinen Platz der Republik, stellte er fest.

Über Jahrzehnte war die Demokratie ein wichtiges Bollwerk gegen den Nationalso­zialismus. Trotzdem wüssten deutsche Bürger und Schüler wenig über Demokratie. „Wer kennt den bayerische­n SPD-Abgeordnet­en Michael Poeschke, später Bürgermeis­ter in Erlangen, der an der Abstimmung gegen Hitlers Er- mächtigung­sgesetz nicht teilnahm, weil er im KZ Dachau schwer verletzt wurde?“Für mehr Demokratie, die schon in der Familie anfange, seien Streitlust, ein Austausch im Respekt und Kompromiss­fähigkeit nötig.

Einen amüsanten Abschluss des Abends bot Geisterfah­rer Silvano Tuiach. Er erzählte, dass er im Augsburger Stadtteil Oberhausen aufgewachs­en sei und eine Lehre als Drucker gemacht habe. Seit 35 Jahren stehe er aber auf der Bühne.

Aus Italien sei sein Vater 1945 nach Augsburg gekommen. Zur Meldung, dass Pizza Nationaler­be werden solle, fiel Tuiach ein, dass sie hier anfangs „Tomatendat­schi“genannt wurde. Er berichtete von seinem nächtliche­n Albtraum. In der Hölle habe er nicht nur Zellen für Trump, Erdogan und Winterkorn gesehen, sondern auch Franz Josef Strauß schreien gehört. Im Paradies habe er dann brasiliani­sche Fußballer, aber auch teetrinken­de Engländer getroffen, so Tuiach.

Er berichtete von Bekannten aus Hannover, die ihn in Augsburg besuchten,

Für mehr Demokratie sind Streitlust, ein Aus tausch im Respekt und Kompromiss­fähigkeit nötig

Im Paradies hat er brasiliani­sche Fußballer, aber auch teetrinken­de Engländer getroffen

und trat als Ranzmayer, typischer Augsburger Mitte 50, mit Mantel und Hut auf die Bühne. Auch das Thema „Weihnachte­n“kam zur Sprache. „Hört auf, euren Männern Socken oder Unterhosen zu kaufen. Wofür braucht man denn eigentlich eine Funktionsu­nterhose?“, ermahnte er die weiblichen Zuhörer. Als Dank erhielt der Radfahrer die Groko-Mütze, eine rote Mütze mit schwarzem Bommel, von Simone Strohmayr selbst gestrickt, die Mütze für Markus Rinderspac­her war ganz aus roter Wolle.

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Foto: Heike Scherer Geisterfah­rer Silvano Tuiach trat beim Demokratie­empfang der SPD in Kissing auf.

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