Früher rauchte nicht nur der Kopf am Brett
Heinz Neumaier hat vor mehr als einem halben Jahrhundert seine Liebe für das königliche Spiel entdeckt. Aus seiner Funktionärstätigkeit hat er viele Anekdoten auf Lager
Aichach Dieses Datum lässt sich leicht merken. „Ich habe in diesem Jahr noch Geburtstag“, sagt Heinz Neumaier. „Am 24. Dezember werde ich 74.“Ein Grund zum Feiern, nicht allein in Sportlerkreisen. Denn der angehende Jubilar, der früher am Tandlmarkt in Aichach lebte und nun seit vielen Jahren in Unterwittelsbach zu Hause ist, hat aufgrund seiner vielfältigen Tätigkeiten einen großen Kreis an Bekannten.
Dem BC Aichach gehört er seit dem 1. Juli 1959 an, seit 1961 engagiert er sich dort in verschiedenen Funktionen in der Schachabteilung, seit 1990 als deren Leiter. Darum hält Neumaier schon seit Längerem Ausschau nach einem Nachfolger, bislang vergebens. Was der Chef in gewisser Weise sogar verstehen kann. Gelegentlich bekommt er zu hören: „Du bist Rentner, du hast Zeit.“Die jungen Leute in der Abteilung mit 50 Mitgliedern wollen spielen, das Studium führt sie bisweilen weit weg. Und später im Beruf sieht es ähnlich aus.
Die Liebe zum königlichen Spiel weckte Heinrich Schnitzer, ein Lehrer. „Der hat begeistern können“, sagt der gelernte Schriftsetzer, der später in ähnlichen Bereichen tätig war. Schach gewann neue Freunde, als die großen Duelle zwischen Bobby Fischer und Boris Spasski ausgetragen wurden, als Helmut Pfleger im Fernsehen auftrat. Neumaier: „In der DDR und in Russland war Schach Pflichtfach in der Schule. Schach ist was für Mathe.“Anders formuliert: Wer sich am Schachbrett zu behaupten weiß, der hat auch in puncto Mathematik was drauf und umgekehrt.
Vier Aichacher Mannschaften mit jeweils acht Akteuren beteiligen sich am Spielbetrieb, dem Team zwei gehört Heinz Neumaier an. Wie reagiert er, falls jemand Schach nicht als Sportart einstufen will? Er verweist auf einen ehemaligen Aichacher Stadtmeister, der auch im Tennis erfolgreich war. Von dem stammt die Aussage: „Wenn ich Tennis in der Prügelhitze spiele, macht mir das nicht so viel aus, als wenn ich fünf bis sieben Stunden eine Partie Schach spiele.“Selbst- verständlich müssen auch die Akteure in dieser Sportart trainieren, schließlich gibt es allein bei den Eröffnungen eines Spiels eine riesige Anzahl von Möglichkeiten. Und auf die sollte man nicht erst am Brett, wenn es um Punkte geht, die richtige Antwort finden.
So mancher Jugendliche mag das Spiel mit den Figuren, die mal diagonal, mal linear oder auch über ein Eck bewegt werden, als uncool einstufen angesichts der vielen trendigen Sportarten. Neumaier aber hat nicht den Eindruck, als ob es sich hier um ein Auslaufmodell handeln würde.
Viel weiß er zu erzählen, beispielsweise von früheren Schachpartien, als noch geraucht werden durfte. Da gab’s etwa einen Spieler, der „Stumpen der übelsten Sorte“paffte und den Rauch seinem Gegner wohl aus Absicht direkt ins Gesicht blies. Heinz Neumaier tanzte auf vielen Hochzeiten, von 1978 bis 1984 gehörte er dem Aichacher Stadtrat an. Von 2004 bis 2013 war er Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Aichach, beim TSV Aichach gehört er seit über 30 Jahren dem Turnrat an und 1974 war er erster Faschingsprinz in der Neuzeit. Was ihm in dem Zusammenhang beinahe noch wichtiger erscheint: „Ich bin stolz, dass unser Sohn Maximilian erster Kinderprinz war.“Das Ehrenzeichen des Ministerpräsidenten war wohl die wertvollste Auszeichnung, die der Aichacher für sein Engagement erhielt.
Eine Episode hat Heinz Neumaier bestimmt schon zigmal zum Besten gegeben: Wie es ihm gelang, Günther Beckstein von einem anderen Termin zu einer Feuerwehrversammlung im Burghof in Oberwittelsbach zu lotsen, wo der damalige Innenminister die Urkunden persönlich überreichte. Bei dieser Story huscht mehr als nur ein verschmitztes Lächeln übers Gesicht.
Gerade bei solchen Begebenheiten merkt ihm keiner an, dass in Kürze schon sein 74. Geburtstag ansteht.