Friedberger Allgemeine

Frauen bekommen nur halb so viel Rente wie Männer

Die traditione­lle Arbeitstei­lung wirkt sich im Alter immer noch sehr stark aus

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Frauen erhalten im Rentenalte­r deutlich weniger Geld als Männer. Das belegt eine neue Expertenst­udie. Männer in Deutschlan­d verfügen danach im Alter durchschni­ttlich über ein doppelt so hohes Einkommen. Hauptursac­he: die vielen Zeiten, in denen sich diese Frauen um Kindererzi­ehung und oftmals auch um die Pflege von Angehörige­n gekümmert haben, aber nicht durch entspreche­nde Rentenbeit­räge oder Einzahlung­en in eine private Versicheru­ng für das Alter vorsorgen konnten. Aber auch die geringeren Verdienste von Frauen und die weitverbre­itete Teilzeitar­beit spielen eine Rolle.

Die Experten des Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftli­chen Instituts (WSI) haben festgestel­lt, dass Frauen nicht nur bei der gesetzlich­en Rente schlechter abschneide­n als Männer, sondern auch bei der betrieblic­hen und der privaten Vorsorge. Wenn man die Einkünfte aus diesen drei Säulen der Altersvers­orgung zusammenzä­hle, ergebe sich eine Rentenlück­e zwischen den Geschlecht­ern (Fachbegrif­f: Gender Pension Gap) von 53 Prozent. Das heißt: Frauen haben mehr als die Hälfte weniger von dem, was Männern zur Verfügung steht.

Es gibt auch ein deutliches OstWest-Gefälle: Frauen in den alten Bundesländ­ern haben im Alter sogar 58 Prozent weniger als Männer, in den neuen hingegen nur 28 Prozent – eine Folge der zu Zeiten der ehemaligen DDR dort sehr viel weiterverb­reiteten Berufstäti­gkeit von Frauen. In Europa sind nur in Luxemburg die finanziell­en Unterschie­de der Geschlecht­er noch geringfügi­g größer als in Deutschlan­d. Dass es auch anders geht, zeigen nach den Untersuchu­ngen des WSI – einem Institut der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung – Länder wie Estland, Dänemark und die Slowakei, wo die Lücke unter zehn Prozent liegt.

Dazu passen aktuelle Zahlen des Sozialverb­ands VdK Bayern. Mehr als 80 Prozent der Frauen im Freistaat bekämen eine Rente unterhalb von 1000 Euro, nur wenige lägen über 1500 Euro. VdK-Chefin Ulrike Mascher (München) verlangte „rasche Maßnahmen, die das Armutsrisi­ko von Frauen vermindern“. Sie nennt zuerst gleiche Bezahlung für gleiche Tätigkeit. Zudem müssten Leih- und Zeitarbeit, befristete Arbeitsver­hältnisse sowie unerwünsch­te Teilzeit- und Minijobs eingedämmt werden. Hinzu komme der Ausbau der Kinderbetr­euung.

Die Deutsche Rentenvers­icherung Bund (DRV) in Berlin betonte auf Anfrage, dass die Studie keine Aussagen auf eine mögliche Altersarmu­t von Frauen zulasse. Es gehe in ihr um die jeweils eigenen Leistungen für die Alterssich­erung und nicht darum, über wie viel Einkommen ein Haushalt verfügt. Als Schlussfol­gerung aus der Studie ist aus Sicht der DRV wichtig, „dass die Rahmenbedi­ngungen der Erwerbstät­igkeit bei Frauen so ausgestalt­et werden, dass sie die gleichen Chancen auf Erwerbserf­olg haben wie Männer“, wie deren Sprecher Dirk von der Heide erklärte. Dazu auch unser Kommentar.

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