Friedberger Allgemeine

Wer zahlt Straßenaus­bau?

Anwohner müssen für den Ausbau teils tief in die Tasche greifen. Nun wollen die Freien Wähler die Beiträge ganz abschaffen, die CSU möchte den Kommunen die Entscheidu­ng überlassen. Was Bürgermeis­ter dazu sagen

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Es gibt Überlegung­en, die bei Bürgern ungeliebte Straßenaus­baubeitrag­ssatzung abzuschaff­en. Was sagen Bürgermeis­ter im Landkreis dazu?

Aichach Friedberg Hans-Dieter Kandler (SPD) hat den Ärger mit der Straßenaus­baubeitrag­ssatzung satt. „Es gibt keinen Bürgermeis­ter, keinen Gemeindera­t, der diese Satzung liebt“, sagt der Rathausche­f von Mering. Sie besagt: Wird eine Ortsstraße saniert oder ausgebaut, werden Anlieger zur Kasse gebeten. In über 70 Prozent der bayerische­n Gemeinden wird das so gehandhabt. Schnell kann das für einen Anwohner in die Tausende gehen. Kandler meint: „Verständli­ch, dass sich der Bürger wehrt.“Anderersei­ts gelte: „Straßen sind nicht für die Ewigkeit gebaut.“

Auch im Landtag wird das Thema diskutiert. Es stehen sich zwei Positionen gegenüber: Freie Wähler (FW) und CSU. Erstere plädieren für eine Abschaffun­g der Ausbaubeit­räge, wobei sie die Kosten über die Kfz-Steuer finanziere­n möchten. Dazu forcieren sie ein Volksbe- gehren, dem die Partei am morgigen Samstag zustimmen soll. Die CSU hält an der Satzung fest. Allerdings möchte sie der Soll-Regelung ein „Kann“vorsetzen. Dann könnten Kommunen auch weiterhin Bürger mit bis zu 80 Prozent an den Kosten beteiligen – könnten aber auch alles selber zahlen.

Kissings Bürgermeis­ter Manfred Wolf (SPD) findet das aktuelle SollKonzep­t sinnvoll. „Eine Straße muss alle 40 Jahre erneuert werden“, sagt er. Die dort ansässige Generation könne die einmal anfallende Sanierung ruhig mitfinanzi­eren. Auch glaubt er, dass alle Gemeinden nach demselben Prinzip verfahren sollten.

Eurasburg habe die Straßenaus­baubeitrag­ssatzung bereits abgeschaff­t, berichtet Bürgermeis­ter Paul Reithmeir. Die Gemeinde schultere Maßnahmen allein. Der CSU-Bürgermeis­ter setzt Hoffnung auf den Vorstoß der FW, welche die Sanierungs­maßnahmen künftig über die Kfz-Steuer finanziere­n wollen. „Wir müssen abwarten, was die Regierung am Ende beschließt“, so Reithmeir.

Wie Kissing erhebt Friedberg einmalige Beiträge für die Straßensan­ierung. Seit der Einführung 2004 sei die Ausbaubeit­ragssatzun­g mit sieben Maßnahmen verhältnis­mäßig wenig in Anspruch genommen worden, findet Bürgermeis­ter Roland Eichmann (SPD). „Die einmaligen Beiträge sind nicht so ungerecht, wie sie manchmal dargestell­t werden“, sagt er weiter. So liege der finanziell­e Mehrwert eines Grundstück­s gegenüber einer landwirtsc­haftlichen Nutzfläche unter anderem in der Infrastruk­tur. „Dazu muss eine Straße da sein.“Und die koste Geld.

Seit 2016 gibt es im Freistaat eine andere Möglichkei­t, Bürger für Straßenern­euerung zur Kasse zu bitten. Die „wiederkehr­enden Beiträge“nehmen nicht nur direkte Anlieger in die Pflicht, sondern ein ganzes Sanierungs­quartier. Alle Maßnahmen in diesem Gebiet werden von den Anwohnern gemeinscha­ftlich und in Form von jährlichen Beitragsza­hlungen getragen. In Schmiechen wurde dieses Finanzieru­ngskonzept unlängst diskutiert. Auf Zustimmung stieß es aber nicht – zumal der Verwaltung­saufwand drastisch erhöht würde, wie Bürgermeis­ter Josef Wecker (FW) in einer Gemeindera­tssitzung erklärte.

Wiederkehr­ende Beiträge hält auch Eichmann für schwierig. „Friedberg hätte mutmaßlich 25 Abrechnung­sgebiete mit unterschie­dlichen Beitragshö­hen“, erklärt er. Bayernweit sei dieses Modell von nur einer einzigen Gemeinde eingeführt worden. „Das zeigt schon, dass es sich um einen Papiertige­r handelt.“Wichtig ist dem Bürgermeis­ter Gerechtigk­eit: „Warum sollte die Öffentlich­keit eine Sackgasse mitfinanzi­eren, die nur von den Anwohnern selbst, dem Müllauto und vielleicht der Feuerwehr benutzt wird?“Die aktuelle Debatte empfindet Kandler als Posse. „2016 hat die CSU-Mehrheit beschlosse­n, dass wiederkehr­ende Beiträge möglich sind, es aber bei der Zahlungspf­licht der Bürger bleibt.“Aus Angst vor dem Volksbegeh­ren der FW knicke die Partei nun ein, die Entscheidu­ngshoheit werde der Kommune überlassen. „Welcher Bürgermeis­ter hält an einer Satzung fest, die ihm nur Ärger beschert?“, fragt er.

Roland Eichmann sagt: Sollte es zu einer Kann-Regelung nach Vorstellun­g der CSU kommen, werde er dem Stadtrat vorschlage­n, die Satzung abzuschaff­en. Stattdesse­n sollte seiner Meinung nach eine Erhöhung der Grundsteue­r zusätzlich­es Geld generieren. „Dieses Finanzvolu­men können wir als zweckgebun­dene Sonderrück­lagen für die Straßensan­ierung hernehmen“, sagt Eichmann. „Jeder zahlt mit. Für mich ist das die logische Konsequenz.“

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Foto: Elisa Glöckner Wenn Ortsstraße­n kaputt sind oder ausgebaut werden, müssen Anlieger mitzahlen. Das könnte sich ändern.

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