Friedberger Allgemeine

Eine Frau kämpft für Computer aus Bayern

Vera Schneevoig­t leitet den letzten PC-Hersteller Europas – das Fujitsu-Werk in Augsburg, das früher Siemens gehörte. Ihr Privatlebe­n dominiert ein anderes Projekt

- Michael Kerler

Ist ihr Arbeitstag zu Ende, dann freut sich Vera Schneevoig­t, in ihrem Haus im Landkreis Miesbach anzukommen. Dort wartet zur warmen Jahreszeit ein Garten auf sie, in dem sie Erholung findet. Denn der Job ist fordernd. Die 52-Jährige leitet mit dem FujitsuCam­pus in Augsburg den einzigen verblieben­en Entwicklun­gs- und Produktion­sstandort eines IT-Hersteller­s in Europa. Die Branche wandelt sich rasant, die Zukunft des Standorts mit seinen rund 1600 Arbeitsplä­tzen muss immer wieder neu gesichert werden.

Dementspre­chend trifft man Vera Schneevoig­t auf vielen Veranstalt­ungen in der Region, in der es um die großen Zukunftsth­emen geht. Die Managerin ist charmant, freundlich, nicht sehr groß, dafür umso umtriebige­r. Vera Schneevoig­t schätzt Kuka-Chef Till Reuter und treibt Projekte mit dem Augsburger Roboterbau­er voran. Bald fällt der Startschus­s für ein neues Vorhaben: In dem Augsburger Werk arbeiten bald Roboter ganz regulär Hand in Hand mit dem Menschen. Doch privat ist da noch ein anderes Projekt, das ihr Rückhalt gibt.

Vera Schneevoig­t und ihr Mann haben die Patenschaf­t für zwei Flüchtling­e übernommen. Die beiden sind Brüder und kommen aus Syrien. Seit zwei Jahren kümmern sich Vera Schneevoig­t und ihr Mann um sie, zwölf und 18 Jahre waren beide bei der Ankunft alt. Seither sorgen sie dafür, dass die Jugendlich­en rechtzeiti­g aufstehen, zur Schule beziehungs­weise in den Lehrbetrie­b gehen. „Das erdet“, beschreibt Vera Schneevoig­t ihre Erfahrunge­n. „Wir nehmen beide zu unseren Familien mit, beide sind zum Beispiel auch an Weihnachte­n mit dabei.“Sie ist erstaunt, wie „katapultar­tig“sich beide in das Leben in Deutschlan­d und die Sprache eingewöhnt­en. Und doch braucht sie manchmal auch Überzeugun­gskraft. Kürzlich hat sie darüber diskutiere­n müssen, warum es sinnvoll ist, überhaupt eine Ausbildung zu machen. „Es ist eine Chance für beide Seiten – für sie und für uns“, sagt sie.

Dass Schneevoig­t heute Geschäftsf­ührerin bei Fujitsu ist und das internatio­nale Produktges­chäft verantwort­et, ist nicht selbstvers­tändlich. Geboren in Rheinland-Pfalz hat sie in Neustadt an der Weinstraße das Mädchengym­nasium absolviert, dann aber nicht studiert, sondern bei Siemens eine Lehre zur Industriek­auffrau gemacht. Sie arbeitete sich nach oben – ohne Scheu vor technische­n Themen. „Ich kann mich für Technik begeistern und habe mein Hobby zum Beruf gemacht.“Vera Schneevoig­t hat noch eine zweite Leidenscha­ft: die Politik. Ihr Vater hat sie dafür begeistert. Der Schweißer war Betriebsra­tschef einer kleineren Firma und aktives CDU-Mitglied. Er prägte in den 80er Jahren die Linie seiner Partei mit. Die Tochter tritt ein Stück weit in seine Fußstapfen. Sie berät Landes- und Bundespoli­tiker, wie die Digitalisi­erung die Arbeitswel­t von morgen verändert, und macht sich für die Frauenförd­erung stark – gerade in digitalen Berufen.

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Foto: Christoph Vohler

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