Eine Frau stört Putins große Show
Zum Auftritt des Kreml-Chefs kommt seine neue Rivalin
Augsburg Es ist gar nicht lange her, da galt Wladimir Putin als einer der größten, vielleicht als größter Unsicherheitsfaktor der Welt. Russland annektiert die ukrainische Halbinsel Krim. Der Westen ist schockiert, prangert den Kalten Krieger aus dem Kreml an und verhängt Sanktionen. Auf seiner großen Pressekonferenz zum Jahresende gerät der russische Präsident in die Defensive. Nein, sein Land sei nicht aggressiv und greife auch niemanden an, betont er. Nur glauben will ihm das damals kaum jemand. Drei Jahre später sitzt Putin wieder vor den ausländischen Journalisten. Sie erleben einen Mann, der seine Genugtuung nur schwer verbergen kann. Diesmal ist er es, der vor Krieg und Aggression warnt. Der Unsicherheitsfaktor sitzt jetzt in Washington.
„Man muss diese Spirale stoppen, denn sie ist sehr gefährlich“, sagt der Kreml-Chef über die Krise zwischen den USA und Nordkorea. Dass die Amerikaner sein Land mit ihren Sanktionen auf eine Stufe mit Nordkorea und dem Iran gestellt haben und gleichzeitig ausgerechnet auf Moskau als Vermittler in diesem Konflikt hoffen, sei „jenseits des gesunden Menschenverstandes“, fügt Putin vor 1600 Journalisten hinzu.
Der 65-Jährige gefällt sich in der Rolle des besonnenen Staatsmannes. Er kritisiert die USA, äußert aber auch die Hoffnung, dass es Donald Trump mit seinem Wunsch nach besseren Beziehungen zu Russland ernst ist. Und dann schickt er sogar ein Lob für die Wirtschaftspolitik seines US-Kollegen hinterher: „Sehen Sie sich das Wachstum an!“
Im März will Putin sich zum vierten Mal zum Präsidenten wählen lassen. Er wird nicht für eine bestimmte Partei antreten, sondern als unabhängiger Kandidat, als Garant der Stabilität. Echte Konkurrenz muss er nicht fürchten. Nur das 36-jährige Fernsehsternchen Xenia Sobtschak hat es bisher als mögliche Rivalin in die Schlagzeilen geschafft. Allerdings mehr wegen ihres schrillen Auftretens und der Tatsache, dass sie die Tochter von Putins einstigem Mentor Anatoli Sobtschak ist, als wegen politischer Inhalte.
Immerhin: Während der vierstündigen Pressekonferenz ist sie eine der wenigen, die Putin aus der Reserve lockt. Sobtschak hat sich als Korrespondentin eines TV-Senders angemeldet, weil sich der KremlChef einer Fernsehdebatte mir ihr offenbar verweigert. Es gelingt ihr zumindest, ihn in ein kurzes Wortgefecht zu verwickeln. Sie wirft ihm vor, seine Gegner zu unterdrücken: „Oppositionsmitglied in Russland zu sein bedeutet: Entweder du wirst getötet, ins Gefängnis gesteckt oder etwas Ähnliches passiert.“Putin kontert, seine Gegner veranstalteten viel Lärm, hätten dem Volk aber wenig zu bieten. Dafür könne er ja nichts. „Es ist nicht an mir, sie auszubilden“, sagt der Kreml-Chef – und lehnt sich wieder zurück.