Friedberger Allgemeine

Eine Frau stört Putins große Show

Zum Auftritt des Kreml-Chefs kommt seine neue Rivalin

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Es ist gar nicht lange her, da galt Wladimir Putin als einer der größten, vielleicht als größter Unsicherhe­itsfaktor der Welt. Russland annektiert die ukrainisch­e Halbinsel Krim. Der Westen ist schockiert, prangert den Kalten Krieger aus dem Kreml an und verhängt Sanktionen. Auf seiner großen Pressekonf­erenz zum Jahresende gerät der russische Präsident in die Defensive. Nein, sein Land sei nicht aggressiv und greife auch niemanden an, betont er. Nur glauben will ihm das damals kaum jemand. Drei Jahre später sitzt Putin wieder vor den ausländisc­hen Journalist­en. Sie erleben einen Mann, der seine Genugtuung nur schwer verbergen kann. Diesmal ist er es, der vor Krieg und Aggression warnt. Der Unsicherhe­itsfaktor sitzt jetzt in Washington.

„Man muss diese Spirale stoppen, denn sie ist sehr gefährlich“, sagt der Kreml-Chef über die Krise zwischen den USA und Nordkorea. Dass die Amerikaner sein Land mit ihren Sanktionen auf eine Stufe mit Nordkorea und dem Iran gestellt haben und gleichzeit­ig ausgerechn­et auf Moskau als Vermittler in diesem Konflikt hoffen, sei „jenseits des gesunden Menschenve­rstandes“, fügt Putin vor 1600 Journalist­en hinzu.

Der 65-Jährige gefällt sich in der Rolle des besonnenen Staatsmann­es. Er kritisiert die USA, äußert aber auch die Hoffnung, dass es Donald Trump mit seinem Wunsch nach besseren Beziehunge­n zu Russland ernst ist. Und dann schickt er sogar ein Lob für die Wirtschaft­spolitik seines US-Kollegen hinterher: „Sehen Sie sich das Wachstum an!“

Im März will Putin sich zum vierten Mal zum Präsidente­n wählen lassen. Er wird nicht für eine bestimmte Partei antreten, sondern als unabhängig­er Kandidat, als Garant der Stabilität. Echte Konkurrenz muss er nicht fürchten. Nur das 36-jährige Fernsehste­rnchen Xenia Sobtschak hat es bisher als mögliche Rivalin in die Schlagzeil­en geschafft. Allerdings mehr wegen ihres schrillen Auftretens und der Tatsache, dass sie die Tochter von Putins einstigem Mentor Anatoli Sobtschak ist, als wegen politische­r Inhalte.

Immerhin: Während der vierstündi­gen Pressekonf­erenz ist sie eine der wenigen, die Putin aus der Reserve lockt. Sobtschak hat sich als Korrespond­entin eines TV-Senders angemeldet, weil sich der KremlChef einer Fernsehdeb­atte mir ihr offenbar verweigert. Es gelingt ihr zumindest, ihn in ein kurzes Wortgefech­t zu verwickeln. Sie wirft ihm vor, seine Gegner zu unterdrück­en: „Opposition­smitglied in Russland zu sein bedeutet: Entweder du wirst getötet, ins Gefängnis gesteckt oder etwas Ähnliches passiert.“Putin kontert, seine Gegner veranstalt­eten viel Lärm, hätten dem Volk aber wenig zu bieten. Dafür könne er ja nichts. „Es ist nicht an mir, sie auszubilde­n“, sagt der Kreml-Chef – und lehnt sich wieder zurück.

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Foto: Imago Putins Rivalin Xenia Sobtschak bei der Pressekonf­erenz.

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