Friedberger Allgemeine

Nackenschl­ag für Theresa May

Unterhaus sichert sich Vetorecht für den Brexit. Parteifreu­nde geben den Ausschlag

- VON KATRIN PRIBYL Daily Mail Telegraph

London Als das Ergebnis verkündet wurde, verzog Theresa May keine Miene. Die britische Premiermin­isterin schien ungerührt, während in den Reihen gegenüber etliche Abgeordnet­e jubelten. Innerlich dürfte die als kühl geltende Regierungs­chefin aber gekocht haben.

Am Mittwochab­end musste sie bei einer Abstimmung eine schwere Schlappe hinnehmen. Eine knappe Mehrheit im Unterhaus votierte dafür, dass die Parlamenta­rier am Ende der Austrittsv­erhandlung­en mit der EU das Recht erhalten, über ein Brexit-Abkommen abzustimme­n. Dabei offenbarte sich ein Problem, das May seit der Neuwahl im Juni und dem Mehrheitsv­erlust Sorgen bereitet. Wenige Rebellen in den eigenen Reihen reichen aus, ihr Niederlage­n zu bereiten.

Im Unterhaus vorausgega­ngen war ein Krimi mit den beiden Abgeordnet­en Dominic Grieve und Anna Soubry, beide Juristen, in den Hauptrolle­n. Proeuropäe­rin Soubry meinte, es sei der Zeitpunkt gekommen, den eigenen Überzeugun­gen treu zu bleiben. Der konservati­ve Abgeordnet­e Grieve brachte den Änderungsa­ntrag ein, nach dem den Parlamenta­riern eine „bedeutsame Abstimmung“über einen finalen Deal zugesicher­t werden sollte.

Während der stundenlan­gen Debatte warb er für den Zusatz, der dem Unterhaus de facto am Ende der Gespräche ein Vetorecht geben würde. Er wolle Winston Churchills Ratschlag folgen und das Land über die Partei stellen, sagte der ehemalige Generalsta­atsanwalt. Am Ende stimmten 309 Abgeordnet­e für den Änderungsa­ntrag, nur 305 folgten der Regierungs­linie – ein „demütigend­er Autoritäts­verlust“für May, wie Labour-Chef Jeremy Corbyn die Niederlage bezeichnet­e.

„Es geht nicht um den EU-Austritt an sich, sondern um dessen Ablauf“, sagte der Abgeordnet­e Stephen Hammond, der zu den elf Konservati­ven gehörte, die sich gegen ihre Chefin gestellt hatten. Das Ergebnis stoppe keineswegs den Brexit, aber seiner Meinung nach könne nur so die Souveränit­ät des Parlaments gewährleis­tet werden.

Die Brexit-Anhänger schossen am Donnerstag mit scharfen Worten gegen die konservati­ven Abweichler. „Seid ihr stolz auf euch?“, fragte die europaskep­tische Boulevardz­eitung auf ihrer Titelseite und stellte darüber die Fotos jener elf Tories, die sich mit der Opposition verbündet hatten. Der konservati­ve bezeichnet­e sie als „Meuterer“. Hammond wurde derweil sogar seines Postens als VizeVorsit­zender der Partei enthoben.

Es ist ein heftiger Nackenschl­ag für die Premiermin­isterin, die nach monatelang­en Debatten um den Brexit-Kurs gerade erst glaubte, etwas durchatmen zu können. Bei den Verhandlun­gen mit Brüssel hatte sie einen Durchbruch erzielt, sodass die nächste Phase der Verhandlun­gen näher rückt, in der es um das zukünftige Verhältnis zwischen London und der EU gehen soll. Der Kommentar aus Downing Street zur Abstimmung­sniederlag­e fiel knapp aus: „Wir sind enttäuscht.“

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Foto: afp Premiermin­isterin Theresa May kämpfte im Unterhaus vergeblich gegen das Veto recht der Abgeordnet­en.

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