Friedberger Allgemeine

Ratiopharm Mutter streicht 14 000 Stellen

Am Teva-Standort in Ulm bangen die Beschäftig­ten um ihre Jobs und fürchten um eine Rekordinve­stition

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm Paukenschl­ag aus Israel: Der Pharmakonz­ern Teva will binnen zwei Jahren weltweit 14000 Stellen streichen. Was das für den Standort Ulm bedeutet, an dem 2500 Mitarbeite­r hauptsächl­ich für die Marke Ratiopharm arbeiten, ist unklar. Auf einzelne europäisch­e Länder und damit auch auf Deutschlan­d herunterge­brochene Zahlen liegen nach Angaben des Ulmer TevaSprech­ers derzeit nicht vor. Ulm ist auch der Sitz von Teva Deutschlan­d. Dieser Arm des israelisch­en Konzerns sei auch 2017 erfolgreic­h gewesen und werde die Jahresziel­e erreichen.

Gänzlich unvorberei­tet wurde der Standort Ulm nicht von dieser Hiobsbotsc­haft getroffen: Bereits vor Tagen wandte sich die Geschäftsf­ührung in einem internen Brief an alle Mitarbeite­r. Darin wurde die Weihnachts­feier des Standorts im Donautal mit der Begründung abgesagt, man müsse nicht geschäftsk­ritische Ausgaben einsparen, weil sich das Gesamtunte­rnehmen Teva in kritischer Lage befinde. In dem auch von Interimsch­ef Christoph Stoller unterzeich­neten Brief ist auch die Rede von „guten Ergebnisse­n“, die Teva in Deutschlan­d erzielt habe. Und so hofft die Belegschaf­t in Ulm als eine profitable Abteilung eines kriselnden Riesens, ungeschore­n davonzukom­men. Zumal Teile der TevaFührun­gsriege noch im November betonten, wie wichtig Ulm für die Zukunft des Konzerns sei. 500 Millionen Euro steckt Teva in den Standort Ulm für den Bau einer Biotechanl­age. Teva ist zwar Weltmarktf­ührer bei Generika, also nachgeahmt­en Arzneimitt­eln, doch weit größere Zukunftsch­ancen sieht das Unternehme­n im Bereich der biotechnol­ogischen Arzneimitt­el, wie Carlo de Notaristef­ani, Chef der Teva-Sparte „Global Operations“, bei der Grundstein­legung betonte.

Ulm hatte sich in einem konzernint­ernen Wettbewerb gegen zahlreiche andere Teva-Standorte durchgeset­zt, die selbst gerne zur weltweiten Drehscheib­e der BiotechAkt­ivitäten des Konzerns geworden wären. Nun kursieren in Ulm freilich Ängste, Teva könnte das im Bau befindlich­e Halbe-Milliarde-Projekt noch kurzerhand stoppen.

Doch so recht glauben mag das niemand, denn in biotechnol­ogisch erzeugten Arzneimitt­eln liege die Zukunft, wie Teva-Bosse immer wieder betonten. Und vor diesem Hintergrun­d hätte Teva nach eigener Definition keine Zukunft mehr, wenn der Konzern den Bau der Biotechanl­age in Ulm stoppen würden. Aber: Wie das israelisch­e Wirtschaft­sblatt The Marker berichtet, habe Teva Schulden von rund 30 Milliarden Euro. Der Hauptgrund: Die Übernahme von Konkurrent Actavis. Ein Mitglied des Betriebsra­ts war gestern für unsere Zeitung nicht erreichbar. Klar ist dennoch, dass in Ulm die Stimmung angespannt ist: „Bei 14 000 Entlassung­en werden wir nicht ungeschore­n davonkomme­n“, sagt ein Mitarbeite­r gegenüber unserer Zeitung. 90 Tage will sich der Konzern nach eigener Aussage Zeit nehmen, die betroffene­n Mitarbeite­r zu informiere­n. Stellenabb­au war in Ulm bereits im Frühjahr Thema: Ein „sozial verträglic­her“Abbau von 100 Jobs im Bereich der immer automatisi­erter werdenden Produktion wurde längst eingeleite­t.

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Foto: Kaya Keine Grabsteine, sondern Erinnerung­en an eine Grundstein­legung.

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