Friedberger Allgemeine

Winterstur­m tobt durch Bayern

Windböen in Orkanstärk­e werfen einen Baukran um, legen den Zugverkehr lahm und machen auch vor Gotteshäus­ern nicht halt. Ein Meteorolog­e erklärt, was dahinter steckt

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Augsburg Dutzende Unfälle, verspätete Züge, ein umgestürzt­er Baukran, zwei verletzte Bauarbeite­r – orkanartig­e Windböen gepaart mit Regen und Schnee sind am frühen Donnerstag­morgen über Bayern hinweggefe­gt und haben dort deutliche Spuren hinterlass­en.

Innerhalb von nur zwei Stunden kam es nach Angaben der Polizei in Schwaben zu rund 50 Verkehrsun­fällen, bei denen mehrere Menschen leicht verletzt wurden. Auf zahlreiche­n spiegelgla­tten Straßen in der Region schleudert­en Autos in Gräben oder gegen Leitplanke­n, Lastwagen kamen gerade im Allgäu Berge weder rauf noch runter.

Dazu legte ein umgestürzt­er Baum bei Gessertsha­usen (Landkreis Augsburg) zeitweise den Bahnverkeh­r zwischen Augsburg und Ulm lahm. Ab 7 Uhr wurde der gesamte Fernverkeh­r über Donauwörth umgeleitet. Fahrgäste mussten laut einer Sprecherin der Bahn Verspätung­en von „mindestens einer halben Stunde“in Kauf nehmen. Mitarbeite­r der Bahn rückten mit einem sogenannte­n Turmtriebw­agen an und reparierte­n eine de- fekte Oberleitun­g. Gegen 10.30 Uhr konnten Züge wieder beide Gleise befahren.

Es sollte nicht der einzige Ärger der Deutschen Bahn bleiben. Unabhängig vom Wetter kam es auf der neuen Hochgeschw­indigkeits­strecke zwischen München und Berlin auch gestern wieder zu langen Verspätung­en. Hintergrun­d ist die offenbar weiterhin schwächeln­de Software in den Zügen für eine digitale Signalsteu­erung. Sehr wohl das Wetter wirbelte dafür den S-BahnVerkeh­r in München durcheinan­der. Dort kam es im Berufsverk­ehr zu Zugausfäll­en und Verspätung­en im gesamten Netz.

Außerdem ließ der Wind in der Landeshaup­tstadt ein Gerüst einstürzen, das zwei 50 Jahre alte Bauarbeite­r unter sich begrub. Einer der beiden wurde dabei leicht verletzt. Rund eine halbe Million Euro Schaden richtete der morgendlic­he Sturm in Germering im Landkreis Fürstenfel­dbruck an. Er riss einen Baukran um, der dabei komplett zerstört wurde und bei seinem Sturz einen Verteilerk­asten, eine Stromleitu­ng sowie einen Spielplatz in Mitleidens­chaft zog. „Selbst mit dem Sachschade­n haben wir großes Glück gehabt“, sagte ein Polizeispr­echer. Kurz nach dem Unglück seien in dem Bereich die ersten Schüler auf dem Weg zu einer benachbart­en Grundschul­e gewesen.

Auslöser für den Winterstur­m war ein ungewöhnli­cher Wetterumsc­hwung von Mittwoch auf Donnerstag, erklärte gestern DiplomMete­orologe Jürgen Schmidt. Während es am Mittwochab­end noch recht kalt war und vielerorts schneite, zog später eine Warmfront aus Frankreich über Bayern hinweg. „Das führte dazu, dass es in die Nacht hinein wärmer wurde, was eher selten passiert“, sagte Schmidt. Als dann in den frühen Morgenstun­den eine Kaltfront aus dem Westen kam, krachte es. „Das war zwar so vorherzuse­hen, aber in diesem Fall ging alles ziemlich schnell, weil das Tief recht klein und damit auch schnell unterwegs war.“Die Folge: Unwetterwa­rnungen und Sturmböen, die mancherort­s sogar Orkanstärk­e erreichten. So beispielsw­eise in Landsberg am Lech, wo nach Angaben des Internetpo­rtals Wetterkont­or.de gegen 6 Uhr morgens Böen mit Geschwindi­gkeiten bis zu 119 Kilometer pro Stunde gemessen wurden.

Im rund 15 Kilometer entfernt liegenden Klosterlec­hfeld waren die Windböen zwar nicht ganz so stark, für eines von vier Kreuzen auf der Wallfahrts­kirche Maria Hilf aber stark genug: Es knickte um und steht nun waagrecht. Pfarrer Thomas Demel hatte schon am Wochenende einen leichten Schiefstan­d des Kreuzes entdeckt – der Sturm gab dem Zeichen nun den Rest.

Nicht weniger kurios war ein Vorfall in Aschaffenb­urg. Dort brach in der Nacht zu Donnerstag eine Straße ein und riss ein etwa 50 mal 50 Zentimeter großes und etwa 1,30 Meter tiefes Loch in den Asphalt. Ob die Straße aufgrund des Regens unterspült wurde oder ob der darunterli­egende Kanal zusammenge­fallen ist, war zunächst unklar.

Baugerüst begräbt zwei Arbeiter unter sich

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Fotos: Mathias Wild, Hieronymus Schneider, Matthias Balk/dpa, In Germering riss der Sturm einen Baukran um und richtete einen Schaden von rund 500 000 Euro an. Leicht verletze Menschen, vor allem aber Blechschäd­en an Autos waren die Folge unzähliger Unfälle auf spiegelgla­tten Straßen in Schwaben.
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