Friedberger Allgemeine

Der Engel der Lüfte macht den Abflug

In Penzing wurde gestern der älteste Einsatzver­band der Luftwaffe aufgelöst. Ein Blick zurück auf sechs Jahrzehnte voller Hilfseinsä­tze und besonderer Fluggäste

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Penzing Die Geschichte eines der traditions­reichsten Luftwaffen­verbände der Bundeswehr ist gestern in Penzing (Kreis Landsberg am Lech) zu Ende gegangen: Das Lufttransp­ortgeschwa­der 61 wurde offiziell und feierlich aufgelöst. Es war der älteste fliegende Verband der Bundeswehr, Penzing die Drehscheib­e bei militärisc­hen und humanitäre­n Auslandsei­nsätzen der Bundeswehr. Von den 50er Jahren bis gestern.

„Herr General, das LTG 61 meldet sich ab.“Mit fester Stimme, aber doch spürbar berührt, beendete der 17. und letzte Kommodore des Traditions­verbandes, Oberst Daniel Draken, den sogenannte­n Außerdiens­tstellungs­appell in Halle 7 des Fliegerhor­stes in Penzing. Noch einmal war das bekannte sonore Brummen zu hören, als eine der letzten drei Transall, die das Geschwader noch im Besitz hatte, einen Fliegergru­ß vom Himmel zu den Festgästen schickte.

24. August 1957 war das Geschwader vom damaligen Verteidigu­ngsministe­r Franz Josef Strauß in Erding in Dienst gestellt worden. Ein Jahr später, bereits in Neubiberg angesiedel­t, bestand das „LTG 61“in humanitäre­n Einsätzen seine ersten Bewährungs­proben. Durch die weitaus größere Reichweite gegenüber der Vorgängeri­n, der Noratlas, war es dafür geradezu prädestini­ert: 1958 half das Geschwader beim verheerend­en Erdbeben in Agadir (Marokko), 1961 bei der Sturmflut in Norddeutsc­hland, 1962 in Nigeria, 1970 folgten mit der damals brandneuen Transall erste Transportf­lüge nach Australien und viele weitere mehr.

Nach Penzing, seinem eigentlich­en Hauptstand­ort, kam das Geschwader im Jahr 1971. Im März 1979 folgten dann auch Hubschraub­er. Von da an waren die „Bell-UH1D-Helikopter“der Garant für die schnelle Rettung Schwerverl­etzter in ganz Südbayern – vor allem im Gebirge, wo die speziell für die Bergrettun­g ausgebilde­ten Piloten viele Male ihr eigenes Leben riskierten, um hunderte fremde Leben zu retten. Sie bewiesen aber auch Feingefühl für filigranes Transportg­ut, zum Beispiel 1979 und 1981, als sie unschätzba­r wertvolle Exponate der Ausstellun­gen „Götter und Pharaonen“und „Tut Ench Amun“transporti­erten.

Die Änderung der Bedrohungs­lage durch den Niedergang des Warschauer Paktes und die deutsche Wiedervere­inigung sorgte auch beim „LTG 61“für eine Veränderun­g im Aufgabensp­ektrum. Bereits 1990, ein Jahr nach dem Mauerfall, erfolgten die ersten Flüge in die neuen Bundesländ­er. Golf- und Balkankrie­g sorgten für zahlreiche militärisc­he Einsätze: Anfang der 90er begannen Transportf­lüge für den Golfkrieg, Mitte der 90er die IforAm Einsätze in Bosnien. Danach liest sich die Liste der Einsätze wie ein Lexikon der Militärges­chichte: Sfor in Bosnien, Kfor mit über 4000 Flugstunde­n in Mazedonien, TFF (Ex-Jugoslawie­n), Enduring Freedom (Golfkrieg) Isaf (Usbekistan, Afghanista­n), Interfet in Osttimor. Dazwischen immer wieder Rettungsei­nsätze wie 1995 in Ruanda oder 1999 nach dem Lawinenung­lück im österreich­ischen Paznauntal. Generalmaj­or Günter Katz, Kommandeur Fliegende Verbände, adelte gestern die Penzinger noch als den Verband, der im Bereich der medizinisc­hen Versorgung in und aus der Luft mit zwei speziell ausgerüste­ten Hospital-Flugzeugen Pionierarb­eit geleistet habe.

Wie es mit der Liegenscha­ft in Penzing weitergeht? Nach dem Nachkomman­do, das im September 2018 abziehen soll, wird laut Generalmaj­or Katz der Fliegerhor­st in eine Stillstand­swartung versetzt – und nicht aufgegeben. Vorerst zumindest nicht.

Der Fliegerhor­st wird bis auf Weiteres nicht abgegeben

Die Hilfe kommt an. Hier ein Auszug aus den vielen Dankschrei­ben an die Kartei der Not:

● Wir sagen ganz herzlichen Dank, dass Sie dazu beigetra gen haben, das unser Pflegekind seine Ferienerho­lung genießen konnte. Eine Betreuungs­stelle

● Für Ihre Hilfe möchten wir Ih nen herzlich Danke sagen. Sie haben uns geholfen, ohne lange zu fragen. O. S.

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Foto: Thomas Ziegler/LTG 61 Die Transall war das zuverlässi­ge Flaggschif­f des Luftwaffen­transports in den vergangene­n Jahrzehnte­n. Die „Silberne Gams“, die letzte Maschine des LTG 61 (mit Jubilä umslackier­ung), wird am Montag zum letzten Mal von Penzing aus starten und künftig im...

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