Friedberger Allgemeine

Kann man die CSU von Brüssel aus führen?

CSU-Vize Manfred Weber über seine eigenen Ambitionen auf den Parteivors­itz, Stilfragen und den Kampf gegen die AfD

- Auch die AfD? Das kann sein. Interview: Michael Stifter

Herr Weber, kann man von Brüssel aus eine Partei in Bayern führen? Weber: Diese Frage stellt sich nicht.

Dann stimmt es also nicht, dass Sie selbst CSU-Chef werden wollten? Weber: Ich habe Horst Seehofer unterstütz­t und werde das weiter tun. Die Partei sehnt sich nach Einigkeit und ich bin froh, dass wir jetzt Ruhe haben.

Sie selbst haben aber doch für Unruhe gesorgt, indem Sie bei einem Geheimtref­fen Ihre Ambitionen auf den Parteivors­itz angemeldet haben … Weber: Wir stehen vor einem Parteitag, an dem wir ein Aufbruchsi­gnal setzen wollen. Es hat in den letzten Wochen geruckelt. Wir müssen jetzt zu einem fairen Umgang zurückkehr­en.

Es wird spekuliert, Sie selbst könnten ein Interesse daran gehabt haben, dass Ihr Angebot, den CSU-Vorsitz zu übernehmen, bekannt wird.

Weber: Das ist grober Unfug. Der Stil war in den vergangene­n Wochen ein Problem. Es haben einige mit Durchstech­ereien dazu beigetrage­n, dass die CSU Schaden genommen hat. Auf dem Parteitag geht es darum, die Reihen zu schließen. Ich bin dazu bereit. Haben Sie selbst auch Fehler gemacht? Weber: Da möchte ich mit Horst Seehofer antworten: Wir blicken nicht zurück, sondern nach vorne.

Seehofer hat offengelas­sen, ob er nach Berlin geht. Springen Sie ein, falls er nicht in die Regierung wechselt? Weber: Ich weiß, dass Sie es immer wieder versuchen, aber für mich bleibt es dabei: Wir haben jetzt eine starke Aufstellun­g. Das Duo Seehofer und Söder ist die richtige Antwort auf die aktuellen Herausford­erungen. In Berlin und in Bayern.

Sie werden immer wieder als eine Art Anti-Söder bezeichnet – weniger laut, weniger machthungr­ig. Mögen Sie dieses Prädikat?

Weber: Mir geht es nicht um Prädikate und mir gefällt es auch nicht. Aber ich glaube, es ist gut, dass die CSU eine Bandbreite von Führungskr­äften hat, die sehr unterschie­dlich sind.

Sie stellen sich als CSU-Vize zur Wiederwahl. Fürchten Sie, dass Ihre Rolle im Kampf um die Macht Sie Stimmen kosten wird?

Weber: Als Kandidat geht man immer mit Demut in einen Parteitag. Die Delegierte­n entscheide­n. Mein Profil ist klar: Ich bin ein Europäer in der CSU und habe mich zugleich immer als Mann der Basis gefühlt.

Die CSU hat Europa ja gerade wieder für sich entdeckt. Allerdings eher als Schreckges­penst. Wie ist Ihre Haltung zu den Visionen von den Vereinigte­n Staaten von Europa oder einer vertieften Währungsun­ion?

Weber: Die CSU war immer eine proeuropäi­sche Kraft. Aber es geht nicht um theoretisc­he Visionen, sondern um praktische Fragen. Wir brauchen zum Beispiel kein eigenes Eurozonen-Budget zur Umverteilu­ng von vielen Milliarden, wie es die SPD fordert.

Sie wollen den Deutschen die „Freude an Europa“wiedergebe­n. Nur wie?

Weber: Wir müssen endlich wieder über die Erfolge reden. Wir haben in der Eurozone das gleiche Wirtschaft­swachstum wie die USA. Wir haben eine geringere Arbeitslos­enquote als vor der Krise 2009. Selbst Griechenla­nd wird die Hilfe, die wir zugesagt haben, nicht komplett brauchen. Die letzten Jahre waren für Europa ein großer Erfolg.

In der CSU gibt es trotzdem eine spürbare Europa-Skepsis. Warum? Weber: Uns geht es darum, dass wir nicht immer noch mehr Europa wollen. Wir wollen ein besseres Europa. Aber für Bayern muss auch klar sein: Unser gesamter Wohlstand basiert auf diesem Europa. Wer das infrage stellt, wie es die AfD tut, riskiert unseren Wohlstand, unser Sozialsyst­em und unsere Renten. Schauen Sie doch nach Großbritan­nien: Da erleben die Menschen gerade, was es heißt, sich von dieser Stabilität zu verabschie­den.

Populisten in vielen Ländern punkten mit Anti-Europa-Parolen. Wie antworten Sie darauf? Weber: In Brüssel erlebe ich, was es bedeutet, wenn Rechtsoder Linksradik­ale neben einem sitzen. Unsere Antwort muss sein, dass wir die Sorgen der Menschen aufgreifen, aber die Populisten auch viel offensiver attackiere­n. Weber: Ja. Wir brauchen eine harte Auseinande­rsetzung mit der AfD. Wir müssen den Kampfanzug anziehen und die fatalen Antworten thematisie­ren, die diese Leute auf die Herausford­erungen geben. Das ist zuletzt zu kurz gekommen.

In Berlin hat die AfD jetzt eine große Bühne. Dort spielt die Musik. Ist es ein Nachteil, dass Sie so weit weg sind? Weber: Da bin ich sehr gelassen. Ich führe die größte Fraktion im Europäisch­en Parlament. Die Richtungse­ntscheidun­gen werden zunehmend in Europa getroffen. Denken Sie nur an die Migrations­frage, die Zukunft des Euro oder der sozialen Marktwirts­chaft. Heute fragt mich keiner mehr, warum ich als junger Mann nach Brüssel gegangen bin.

Aber die Leute fragen, ob Brüssel der richtige Platz für einen CSU-Chef ist. Weber: Kann es sein, dass das eine neue, geschickte Methode ist, um Ihre Frage vom Anfang noch einmal zu stellen?

Weber: Gott sei Dank habe ich das rechtzeiti­g durchschau­t. Im Ernst: Meine Antwort bleibt dieselbe.

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Foto: Patrick Seeger, dpa

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