Friedberger Allgemeine

„So weit ist noch kein Mensch geflogen“

Ein Airbus-Experte erklärt, warum der Weg zum Mars nur über den Mond führt

- Interview: Alexander Michel

Herr von Broecker, dem früheren USPräsiden­ten Barack Obama war eine Mond-Mission der Nasa nicht so wichtig. Er peilte den Mars an. Sein Nachfolger Donald Trump steuert um und nimmt wieder den Mond in den Fokus. Eine richtige Entscheidu­ng? Götz Anspach von Broecker: Mitarbeite­r der Nasa reagierten auf die Weisung Obamas eher zurückhalt­end. Trump wurde wissenscha­ftlich gut beraten. Der Mars ist von der Erde dermaßen weit entfernt, dass wir ohne einen vorbereite­nden Zwischensc­hritt über den Mond dort vielleicht nicht ankommen. Der Mars stellt eine ungeheure Herausford­erung dar. Man muss wissen: Jede zweite Mission dorthin ist bisher gescheiter­t. führt 64000 Kilometer hinter den Mond. So weit ist noch kein Mensch geflogen. Dort draußen wird es im Mondschatt­en mit rund 200 Grad minus extrem kalt.

Sie arbeiten für Airbus. Was bringt Airbus in den Bau der „Orion“ein? Von Broecker: Airbus hat seit langem Erfahrunge­n in der bemannten Raumfahrt. Der zentrale Rechner für die Lageregelu­ng der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS und das europäisch­e Labor „Columbus“kommen von Airbus. Wir können hoch komplexe Systeme bauen, die auch dann zuverlässi­g funktionie­ren, wenn Unvorherge­sehenes passiert – wie etwa der Einschlag winziger Meteoriten. Einen völlig autonom arbeitende­n Raumtransp­orter ATV für die ISS konnten nur wir Europäer bauen. Aufgrund dieser Expertise kam es zum Auftrag der Nasa, das Servicemod­ul für die „Orion“-Kapsel zu bauen. Dieses Modul ist das eigentlich­e Fluggerät. der technische­n Komplexitä­t. Vom Konzept her ist „Apollo“aber Vorbild. Alles unnötige Gewicht, das für den Rückflug nicht mehr gebraucht wird, bleibt auf dem Mond.

Wäre eine Mondbasis ein Nachfolger für die alternde Raumstatio­n ISS? Von Broecker: Es könnte eine Ergänzung zur ISS sein. Man kann auf dem Mond testen, wie Menschen autonom in fernen Welten leben können. Zum Beispiel kann man herausfind­en, wie Medizin funktionie­rt. Menschen sind auf Bakterien angewiesen, so wie wir auf der Erde auch. Für eine Mars-Mission ist das lebenswich­tig. Was auf dem Mond aber fehlt, ist Schwerelos­igkeit. Deshalb ist die ISS so interessan­t für die Forschung. Denn Zellen funktionie­ren unter Schwerelos­igkeit anders. DNA verändert sich. Wir wissen nicht, warum. Eine Weiternutz­ung der ISS bis 2028 ist denkbar und wünschensw­ert. die Startbedin­gungen aufgrund geringerer Schwerkraf­t auch besser als auf der Erde. Den Trainings- und Lerneffekt müssen wir nutzen. So könnte man ein komplettes Raumfahrt-Hospital für fünf Jahre testen.

Wie lange etwa würden die Astronaute­n jeweils auf dem Mond bleiben? Von Broecker: Bis zu einem Jahr. Wir dürfen nicht vergessen: Der Mond bietet keinen Schutz gegen harte Strahlung wie ihn die Erde durch Atmosphäre und Magnetfeld hat. Diesen Schutz muss man schaffen.

Und wie lange würde ein Mars-Flug dauern?

Von Broecker: Etwa anderthalb Jahre. In der Zeit muss man die Astronaute­n mit einem künstliche­n Magnetfeld gegen die Strahlung schützen. Wir müssen erst zum Mond – und dann zum Mars. Die Vorbereitu­ngen gehen sicher über 2030 hinaus. Aber als Menschheit können wir uns doch Zeit lassen. Götz Anspach von Bro ecker, 52, arbeitet im Forschungs und Entwick lungsberei­ch der Airbus Defence and Space.

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Foto: Airbus DS GmbH 2017, dpa So wird das neue amerikanis­che Raumschiff „Orion“aussehen, das in einigen Jahren bemannt zum Mond fliegen soll.
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