Anna besiegt drei Eishockey Profis
Die Shorttrackerin Seidel tritt zu einem außergewöhnlichen Wettkampf gegen die deutschen Nationalspieler Hager, Abeltshauser und Kastner an. Nur in einer Disziplin gewinnen die Männer
München Es ist bitterkalt in der Münchner Olympia-Eishalle. Anna Seidel friert in ihrem dünnen Rennanzug und klappert mit den Zähnen. Ihre Kontrahenten haben es da besser. Patrick Hager, Konrad Abeltshauser und Maximilian Kastner stecken in ihrer dicken EishockeyAusrüstung und feixen, zumindest für die Kameras des gemeinsamen Sponsors, der einen Clip von dem ungewöhnlichen Kampf der jungen Frau gegen die Nationalspieler dreht. „Wir haben zu dritt schon Kleinere geschlagen“, sagt der 1,96 Meter große Konrad Abeltshauser in breitestem bayerisch in Richtung der 1,66 Meter kleinen Dresdnerin. Nationalmannschaftskapitän Patrick Hager legt im verbalen Schlagabtausch nach: „Ich schaffe es auch ohne Stock, sie von den Füßen zu holen.“Die zierliche Shortrackerin lässt sich nicht einschüchtern: „Wir sind hier in meiner Sportart, deswegen werde ich es ihnen schon zeigen.“
In einem ungewöhnlichen Dreikampf aus Massenstart, Staffel und Verfolgungsrennen wollen die vier Eissportler ermitteln, wer der bessere Schlittschuhläufer ist. Sind die Deutschen Eishockeymeister aus München mit ihren kurzen, aber stark gebogenen Kufen im Vorteil, oder setzt sich die Dresdnerin mit dem geraden, 43 Zentimeter langen Stahl an den Schlittschuhen durch? Im Massenstartrennen über eine Runde legt Patrick Hager zunächst einen Frühstart hin. Im zweiten Versuch liegt Kastner in der ersten Kurve der rund 110 Meter langen Runde knapp vorne. Doch dann zieht Seidel mit leichtem, aber er- laubten Körpereinsatz vorbei und schiebt im Ziel ihre Kufe knapp als Erste über die Linie – 1:0 für die Shorttrackerin. Im Verfolgungsrennen halten sich die drei Nationalspieler wacker, bis Konrad Abeltshauser ausrutscht und auf dem Hosenboden landet. „Unserer Schlittschuhe sind auf schnelle Beschleunigung und Wendigkeit ausgelegt. Ihre Kufen müssen nur schnell sein“, kommentiert der Nationalverteidiger später die Niederlage – 2:0 für Seidel. Für die abschließende Verfolgung – Seidel hat drei Runden Zeit den schwächsten Eishockeyspieler einzuholen – legt sich das Trio eine Taktik zurecht. „Wir wollen im Windschatten fahren. Außerdem haben wir uns abgeschaut, dass sie in der Kurve extrem tief geht und mit der vorderen Hand auf dem Eis schlittert“, erzählt Abeltshauser. Hauchdünn kann das Trio der Shorttrackerin entkommen – 2:1 lautet der Endstand.
Konrad Abeltshauser hat eine Erklärung für die Niederlage. „Uns treibt es mit unserer Masse immer weiter nach draußen. Außerdem müssen wir ja noch mit dem Puck etwas anfangen. Anna muss nur schnell sein“, sagt Abeltshauser, der mit dreieinhalb Jahren auf dem gefrorenen Moorweiher in Unterbuchen bei Bad Tölz das Schlittschuhlaufen gelernt hat.
Der ungewöhnliche Wettkampf hat den Sportlern Spaß gemacht, ein Wiedersehen bei den Olympischen Spielen im Februar ist geplant. Anna Seidel ist qualifiziert und wird über 500, 1000 und 1500 Meter starten. Shorttrack zählt zu den populärsten Sportarten im Gastgeberland Südkorea. Im Gegensatz zum Biathlon sind die Eintrittskarten schon vergriffen. Die Nationalspieler wollen ebenfalls nach Pyeongchang. Die Tickets für die Eishockey-Nationalmannschaft vergibt Bundestrainer Marco Sturm allerdings erst noch.