Friedberger Allgemeine

Anlagebera­ter wirtschaft­et in die eigene Tasche

Er soll 70 000 Euro eines Kunden aus dem Raum Augsburg gewinnbrin­gend anlegen, stattdesse­n hat ein Berater andere Pläne. Zudem fordert er von seinem Kunden angebliche­n „Schadeners­atz“in Millionenh­öhe

- VON JAN KANDZORA

Augsburg Es war eine eigentlich recht übliche Situation: Ein Mann will Geld anlegen, der Berater eines Finanzdien­stes sagt, er könne da was tun. „Risikolos, sicher und gewinnbrin­gend“sei die Anlage, die ihm vorschwebe, behauptet der Berater. Sein Kunde überlässt ihm 20 000 Euro, zwei Jahre später soll das Geld zurückflie­ßen, inklusive vier Prozent Zinsen. Im Juni 2013 wird der Vertrag unterzeich­net.

Weil der Mann dem Berater offenbar vertraut, schließt er im Folgejahr zwei ähnliche Verträge ab. Einmal geht es um eine Anlage von 30 000 Euro, angeblich mit fünf Prozent Rendite, ein weiteres Mal wieder um 20 000 Euro.

Macht insgesamt 70 000 Euro, eine ganz schöne Stange Geld. Ungünstig nur, dass der Berater offenkundi­g nie vorhatte, es auch tatsächlic­h für seinen Kunden aus dem Raum Augsburg anzulegen. Stattdesse­n, so der Vorwurf der Augsburger Staatsanwa­ltschaft, steckte er es in die eigene Tasche. Zusätzlich soll der Berater im November 2016 „Schadeners­atz“von seinem ehemaligen Klienten gefordert haben. Die Höhe der Forderung: exakt 1 325 916,80 Euro, warum auch immer.

Der geprellte Kapitalanl­eger, so viel sei vorweggeno­mmen, zahlte nicht. Stattdesse­n erstattete er zusammen mithilfe seines Anwaltes Wolfgang Polster Strafanzei­ge, was zu einem Ermittlung­sverfahren gegen den Berater führte und letztlich zu einem Prozess vor dem Augsbur- Amtsgerich­t. Dort wird der Berater, ein Mann Mitte 40, von Polizisten in den Saal begleitet. Seit September sitzt er in Untersuchu­ngshaft. Eigentlich, so wird im Prozess deutlich, hat er sich eine neue Existenz im Ausland aufgebaut, und zwar in einem Land, mit dem die Bundesrepu­blik kein Auslieferu­ngsabkomme­n hat. Die Ermittler griffen nach Informatio­nen unserer Zeitung zu, als der Mann mit seiner Familie einen Freizeitpa­rk in Deutschlan­d besuchte.

Die Sicherheit­svorkehrun­gen in dem Prozess sind hoch, erheblich höher als sonst üblich. Besucher werden nach der Einlasskon­trolle noch einmal zusätzlich vor dem Gerichtssa­al durchsucht, müssen ihre Handys abgeben und ihre Ausweise kopieren lassen. Der Grund: Der Angeklagte hängt offenbar Ideen der sogenannte­n „Reichsbürg­er“an, eine uneinheitl­iche Szene, die den deutschen Staat nicht anerkennt – und die Justiz damit auch nicht. Seit es andernorts zu tumultarti­gen Szenen kam, als Reichsbürg­ern der Prozess gemacht wurde, ist die Wachsamkei­t in den Gerichten besonders hoch, sobald es Hinweise darauf gibt, dass ein Angeklagte­r ähnliches Gedankengu­t pflegt. Im Fall dieses Angeklagte­n gibt es solche Hinweise. Thematisie­rt wird das im Prozess allerdings nicht.

Ohnehin ist die Verhandlun­g kurz. Der Angeklagte, bislang strafger rechtlich völlig unbescholt­en, lässt über seine Verteidige­rin Martina Sulzberger eine Erklärung vorlesen: Er räume alles ein, und es tue ihm leid. Das Geständnis bewahrt ihn wohl vor dem Gefängnis. Das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Kerstin Wagner verurteilt den Angeklagte­n wegen dreifachen Betrugs und einem zusätzlich­en Betrugsver­such zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.

Das Gericht folgt damit der Forderung von Staatsanwa­lt Karl Pobuda. Als Auflage muss der Berater 2000 Euro an eine gemeinnütz­ige Organisati­on zahlen. Zudem hebt das Gericht den bestehende­n Haftbefehl gegen den Mann auf. Nach drei Monaten in U-Haft ist er nun also wieder frei. Das Urteil ist bereits rechtskräf­tig.

Risikolos, sicher und gewinnbrin­gend...

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