Ein millimetergenauer Blick in den Körper
Mit moderner Technik lassen sich Anomalien leichter aufspüren: Die Entscheidung über Diagnose und Therapie muss aber ein erfahrener Arzt treffen / Serie (6)
Aichach Computertomografie ist ein modernes medizinisches Untersuchungsverfahren, das heute europaweit in den meisten Krankenhäusern eingesetzt wird. Üblich ist die Abkürzung CT. Auch im Aichacher Krankenhaus und ebenso in Friedberg gibt es ein solches Gerät, und Patienten werden hier täglich damit untersucht. Was ist das eigentlich? Welche Diagnosen sind damit möglich? Der ärztliche Leiter der Radiologie, Giesbert Leissner, erklärt das anhand eines Beispielfalls.
Gregor F. (Name von der Redaktion geändert) ist seit dem frühen Morgen von unklaren, schubartig auftretenden Schmerzen im Unterbauch beunruhigt. Sein Hausarzt hat ihn ins Krankenhaus geschickt, um klären zu lassen, was dahintersteckt. Ein Untersuchungsgespräch bringt nach den Worten von Leissner keinen näheren Aufschluss, auch das Abtasten des Bauchs lässt noch eine Menge möglicher Schmerzursachen zu. Die Blutuntersuchung, die gleichzeitig veranlasst wurde, zeigt deutlich erhöhte Entzündungswerte. Irgendetwas im Bauchbereich ist entzündet, aber was?
Der Arzt in der Notaufnahme entschließt sich zu einer Ultraschalluntersuchung. Aber es zeigt sich, dass F. viel Luft im Bauch hat, daher bringt auch der Ultraschall kein klares Ergebnis. Es kann auch sein, dass der Entzündungsherd durch darüber liegende Organstrukturen verdeckt ist. In einem solchen Fall ist die CT die nächste Option.
Der Patient legt sich auf die Untersuchungsliege, die langsam durch eine etwa 50 Zentimeter breite Röhre bewegt wird. Wenn es die Fragestellung erfordert, wird ihm über eine Kanüle ein Kontrastmittel in den Blutkreislauf eingespritzt. Der Körperteil, der sich in der Röhre befindet, wird durch einen schnell rotierenden Ring mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. So kann er von Kopf bis Fuß untersucht werden; meist geschieht dies aber nur mit einer bestimmten Körperregion - die Anwendung von Röntgenstrahlen unterliegt strengen Rahmenbedingungen, und man sollte sich ihnen nicht unnötig aussetzen. Die Entscheidung muss ein fachkundiger Radiologe treffen. Sehr selten kann sich im Übrigen eine Unverträglichkeit des Kontrastmittels ergeben.
Die CT misst nun die Röntgenabschwächung, die durch das im Körper verteilte Kontrastmittel und die Organe hervorgerufen wird und berechnet daraus Schichtbilder. Die Schichtdicke kann von einem bis fünf Millimetern reichen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Röntgen entsteht dadurch laut Leissner nicht direkt ein Bild, sondern es werden Daten erzeugt, die der Computer zu einem zwei- oder auch dreidimensionalen Bild der Körperstrukturen zusammensetzt. Anders als Ultraschall durchdringen die Strahlen das gesamte Gewebe. Unregelmäßigkeiten in den Körperstrukturen können durch die Aufteilung in Scheiben genau verortet werden. Anomalien, die einen Mediziner interessieren, können so bis zu einer Größe von kleiner als fünf Millimetern entdeckt werden.
So ergab sich bei Patient F., dass sein Blinddarm entzündet war. Die Bilder (oft sind es mehrere Hundert) liegen in der Regel nach wenigen Minuten vor. Sie müssen dann von Radiologie-Fachärzten begutachtet und interpretiert werden. Eine Blinddarmentzündung ist nach Aussage von Leissner klinisch und im Ultraschall nicht so einfach zu diagnostizieren, weil der Blinddarm bei jedem Menschen an einer etwas anderen Stelle liegt. Zudem ist er oft durch den Dickdarm verdeckt. Auf den CT-Bildern war sie aber einwandfrei zu erkennen. F. wurde nach der Untersuchung zunächst auf seine Station zurückgebracht und erfuhr dort das Ergebnis. Nun konnte ihm schnell und effektiv geholfen werden. Der Blinddarm wurde kurz darauf im Aichacher Krankenhaus entfernt.
Die Computertomografie wurde in den 1970er-Jahren entwickelt und gehört laut Leissner seit über 30 Jahren zum Krankenhausalltag. „Bei einer CT bekommt man überlagerungsfreie Bilder, und die Gefahr, etwas zu übersehen, ist daher sehr gering. Das gibt mehr Sicherheit und verbessert die Planung bei einer eventuell folgenden Operation“, erläutert der Facharzt für diagnostische Radiologie und Chirurgie.
Die Anwendungsmöglichkeiten der Computertomografie sind nach den Worten von Leissner vielfältig. Neben der Suche nach Entzündungen, vor allem im Bereich von Hals, Brust oder Bauch, dient sie auch zur Lokalisierung eines Schlaganfalls, kann Krebsgeschwülste vor allem in der Lunge und im Bauchraum sichtbar machen, deckt Gefäßverschlüsse auf und kommt auch Lungenembolien oder Bauchaneurysmen auf die Spur. Darüber hinaus wird sie eingesetzt, wenn unklare Schmerzen in Brust oder Bauch vorliegen, und hilft bei der Diagnose komplizierter Knochenbrüche, etwa im Bereich der Wirbelsäule, aber auch im Gelenkbereich an Armen und Beinen.
In manchen Fällen muss der Patient nach der CT zur Behandlung in ein größeres Krankenhaus gebracht werden. Ein Bauchaneurysma etwa, also eine Aussackung der Bauchschlagader, die platzen und eine tödliche innere Blutung auslösen kann, wird im Klinikum Augsburg weiter behandelt. Die Bilder werden nach Fertigstellung per Datenleitung versendet und treffen dann schon vor dem Patienten im Klinikum ein. Die nötige Operation kann bereits geplant werden; das spart im Notfall Zeit und optimiert die Vorbereitung. Über diese feste Datenleitung werden per Teleradiologie auch nachts und am Wochenende CTUntersuchungen von radiologischen Kollegen im Klinikum Augsburg befundet.
Dr. Giesbert Leissner ist Facharzt für Diagnosti sche Radiologie, für Chirur gie und Notfallmedizin. Er ist Ärztlicher Direktor und Leiter der Radiologie am Krankenhaus Aichach. Zu seinen Spezi algebieten gehören unter anderem Diagnostik und minimalinvasive The rapien des Gefäßsystems.