Kaum einer will ein Haus im neuen Baugebiet
Für die Objekte im Einheimischenmodell an der Afrastraße gehen nur wenige Bewerbungen ein. Das liegt an Regeln der EU. Auch sonst bereitet das Areal dem Friedberger Stadtrat Sorgen
Friedberg Obwohl mehrere 100 Familien auf der Warteliste für Grundstücke in Friedberg stehen, gab es nur 25 Interessenten für die Reihenhäuser im Baugebiet an der Afrastraße. 13 Grundstücke hatte die Stadt zu vergeben. Sie musste sich dabei an die neuen Vergaberichtlinien der EU halten – und das wurde Wohnungssuchenden zum Verhängnis. Während es früher im Einheimischenmodell ein Bewertungssystem mit Punkten für Ortsansässigkeit oder Kinder gab, richtet sich die EU-Regelung nach Einkommen und Vermögen. So duften Bewerber nicht mehr als 45000 Euro im Jahr verdienen und nicht über 93 000 Euro Vermögen haben. Diese Richtlinien erfüllten nur wenige, meinte Finanzreferent Wolfgang Schuß, der im Stadtrat über das Thema Bericht erstattete.
Von den Interessenten musste noch dazu mehr als die Hälfte aussortiert werden, weil sie durchs Raster fielen. „Bei den anderen ist die Frage, ob sie eine Bank finden, die ihnen trotz des geringen Vermögens das Haus finanziert“, so Schuß. All das werde wohl zu einer Diskussion wie es mit den EU-Richtlinien laufen soll. Diese sind auch in anderen Kommunen unbeliebt. Als sie im Frühling publik wurden, hatten in einem Artikel unserer Zeitung viele Politiker Unmut geäußert.
An der Afrastraße gibt es aber noch andere Probleme. Die Kosten bei den Blocks mit 70 städtischen Wohnungen explodieren. Ursprünglich auf neun Millionen Euro geschätzt, liegen sie mittlerweile bei rund 19 Millionen – und das könnte noch nicht das Ende sein.
Ein Problem ist der Boden. Untersuchungen ergaben jetzt: Eine lockere Kiesschicht mit weichem Ton darunter sowie der hohe Grundwasserstand machen das Projekt schwierig. Es drohen zum Beispiel Risse in den Gebäuden. Dem sollen über zehn Meter tiefe Pfähle als Gründung entgegenwirken. Auch die Aushubarbeiten für die Tiefgarage werden erschwert; in dieser Phase muss man das Grundwasser mit Spundwänden abwehren.
Die öffentliche Debatte im Stadtrat drehte sich in erster Linie um die Bodenproblematik, die das Projekt um eine Million Euro verteuerte. Doch schwang bei vielen Aussagen ein Vorwurf an die Planer mit. So beschwerte sich Architekt Wolfgang Rockelmann im Namen der Fraktionsgemeinschaft: „Wir fürchten, dass uns die Kosten auf die Füße fallen und wir die Grenzen des Zumutführen, baren für unsere Mieter verlassen.“Die Planer hätten zu wenige Alternativen vorgestellt. Auch Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) betonte: „Wir sind nicht glücklich mit der Entwicklung.“Die Planer müssten transparenter darstellen, warum es nicht einfach ist, den Wohnraum günstiger herzustellen. Claudia Eser-Schubert (Grüne) kritisierte die Tiefgarage. Jeder Stellplatz kostet 45000 Euro. Grüne, Freie Wähler und Fraktionsgemeinschaft stimmten gegen die unveränderte Fortführung des Projekts.
Die Arbeiten daran sollen 2018 beginnen, damit im Herbst 2020 die ersten Mieter einziehen können. Die aktuell errechnete Durchschnittsmiete liegt trotz staatlicher Förderung bei 8,32 Euro – mehrere Euro über dem Satz, den das Jobcenter für Hartz-IV-Empfänger zahlt. Die Wohnungen sind jedoch ausdrücklich für eine Mischung aus schlecht und besser begüterten Mietern gedacht. Das wird dazu führen, dass das Mietniveau unterschiedlich ist und die einen Bewohner die anderen subventionieren. Und an der Stadt wird trotzdem ein Defizit hängen bleiben. Dabei ist laut Bürgermeister noch nicht einmal klar, ob es bei 19 Millionen Euro Baukosten (plus zwei Millionen Grund) bleibt: „Es gibt immer ein Risiko bei der Ausschreibung. Das kann noch deutlich teurer werden.“