Spielzeug und die Schwerkraft des Kapitalismus
Der Spielehersteller Ravensburger hatte bei mir einen Bonus. Ravensburger, das waren in meiner Kindheit tolle Puzzles und Malen nach Zahlen. Heute lieben meine Kinder die hochwertigen TiptoiLernbücher. Ravensburger, das klang ausschließlich nach Qualität und pädagogisch wertvollen Spielen. Bis neulich.
Denn ein neues Produkt des Unternehmens hat meiner Familie eine Lehrstunde in Sachen Kapitalismus verpasst, auf die wir gerne verzichtet hätten. Und das kam so: Vor einigen Wochen entdeckten wir in einem großen SpielwarenGeschäft etwas, das früher Murmelbahn geheißen hätte. Heute hat Ravensburger es „GraviTrax“getauft und preist es als interaktives Kugelbahnsystem an. Man steckt kreativ nach den Gesetzen der Schwerkraft Bahnen zusammen, auf denen Metallkugeln schöne Kunststücke vollführen. Tolle Sache! Und das Starterset schien mit 39,99 Euro nicht überteuert. Hätten wir es nur gleich eingepackt.
Denn als wir jetzt die Weihnachtsgeschenke einkaufen wollten, gab es eine böse Überraschung: Das Starterset kostete im selben Laden plötzlich 99,99 Euro. Wenn mich meine kaufmännischen Fähigkeiten nicht täuschen, ist das eine Preiserhöhung von rund 150 Prozent kurz vor Weihnachten. Die Verkäuferin: Das Produkt ist wahnsinnig nachgefragt. Angeblich haben die Entertainer Joko und Klaas in einer Sendung die Bahn ausprobiert. Die Lager sind leer. Klar, das ist absolut ein Grund, Familien abzukassieren. Die Ankündigung, dann eben online zu bestellen, quittierte die Dame mit einem kühlen Lächeln und dem noch kühleren Satz: „Da ist es noch teurer.“
Und wirklich. Eine Suche bei Amazon ergab einen Mindestpreis von 134,99 Euro. Wie zum Hohn werden im Ravensburger OnlineShop nur 49,99 Euro aufgerufen. Doch daneben prangt ein roter Punkt: „Nur im Handel erhältlich“.