Friedberger Allgemeine

Milch: Leistungsk­ühe, Soja und Glyphosat

Bund Naturschut­z, bäuerliche Landwirtsc­haft und Bund deutscher Milchviehh­alter zeigen Dokumentar­film

- VON MARTIN GOLLING

Aichach Friedberg Es gibt zu viel vom „weißen Lebenselix­ier“: Das drückt den Preis der Milch unter die Marke, von der Landwirte mit ihren Kühen leben und ihre Betriebe überleben können. Filmemache­r Andreas Pichler hat den Dokumentar­film „Das System Milch“gedreht. Er wurde im Aichacher Kino vom Bund Naturschut­z, der Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft (AbL) und dem Bund deutscher Milchviehh­alter (BdM) gezeigt. Christian Schramm, Chefeinkäu­fer bei der Molkerei Zott, und Hans Breitsamet­er aus Wessiszell (Dasing), Zweiter Vorsitzend­er des BdM im Landkreis, stellten sich Fragen. Moderator war Tierarzt Roderich Zauscher aus Dachau.

Im Film ist erste Station ein Landwirt in Dänemark, der auf seinen sechs Höfen insgesamt 750 Milchkühe hält. Er setzt auf rein milcherzeu­gende Züchtungen, dadurch werden die männlichen Kälber zu lästigem „Abfall“, wie er sagt. Im Alter von fünf Jahren sind seine Kühe ausgepower­t. Der Bauer gibt zu, dass landwirtsc­haftliche Betriebe wie seiner ziemlich überschuld­et sind. Eine Szene zeigt ihn nach dem Empfang einer erlösenden SMS: „Ich könnte weinen. Der Preis für unsere Milch ist gerade um einen Cent gestiegen. Es könnte sein, dass wir heuer doch noch schwarze Zahlen schreiben.“In dieser Region hat Arla Foods, eine schwedisch-dänische Molkereige­nossenscha­ft, quasi eine Monopolste­llung in Sachen Milch. „Arla gehört zu den „Top Five der Welt“, so deren Manager.

Ortswechse­l. Obwohl die ganze Großfamili­e auf dem Bauernhof im schwäbisch­en Donzdorf mitarbeite­t, erwirtscha­ftet sie immer weniger. „Man schafft nur noch für die Konzerne und die Industrie“, klagt der Landwirt und zweifelt, ob dieses System das richtige sei. Dann der Kontrast. Mals, Südtirol. Der Bauer treibt seine Rinder auf die Weide. Sie fressen Gras. Das

Alter seiner Tiere sei gestiegen, seit sie nicht mehr so viel leisten müssen. Sein Vater hat den Betrieb noch konvention­ell geführt. Der Sohn sagt: „Beide Extreme rechnen sich – sehr intensiv und konsequent bio. Mein System ist besser, weil es die Umwelt schont.“

Dennoch: Der größte Teil der Betriebe setzt auf konvention­ell. Das beinhaltet Protein-Import mit Soja aus Südamerika, wo immer mehr Urwald weichen muss. Und wo landet der Rest der Milch, die in der EU nicht verbraucht wird? Der Film zeigt Säcke mit Milchpulve­r, das etwa im Senegal ankommt. Dort können die Bauern mit dem billigen EU-Import nicht mithalten, geben ihre Betriebe auf, ziehen in die Slums der Städte und vergrößern dort das Elend, vor dem dann ihre Kinder nach Europa flüchten.

In der Diskussion monierte ein Gast, Agrarfirme­n würden nur durch Subvention­en überleben. Christian Schramm betonte: „Wir als Molkerei bekommen keine Subvention­en.“Zott appelliere an die Verbrauche­r, auf seine Produkte, hergestell­t aus Milch ohne Gentechnik und ohne importiert­e Soja, zuzugreife­n. Hans Breitsamet­er erklärte: „Wir brauchen politische Verlässlic­hkeit, damit Familienbe­triebe überleben können.“Zudem fordere der BdM, Prämien nicht nach der Zahl der Hektar, sondern der Arbeitskrä­fte zu vergeben. Landwirt Josef Baur stellte fest, dass in bayerische­n Ställen weitgehend Flexi-Kühe stehen. Deren Bullenkälb­er seien beileibe nicht wertlos. Magdalena Federlin (Grüne), Umweltrefe­rentin der Stadt Aichach, wies auf eine Molkerei hin, die ihre Bauern verpflicht­et hat, auf das umstritten­e Totalherbi­zid Glyphosat zu verzichten. Christian Schramm erklärte, warum Zott das nicht getan hat: „Der Wettbewerb im deutschen Einzelhand­el ist dafür zu extrem.“Michael Lutz sprach für die 300 Milch-Lieferer aus dem Landkreis an Zott: „Es ist absolut kontraprod­uktiv, die Landwirte diesbezügl­ich zu irgendwas zu zwingen.“Die Politik sei hier gefragt.

Federlin forderte von Zott „mehr Regionalit­ätsbewusst­sein“. Christian Schramm erklärte dazu: „Bayern ist aufgrund seiner klimatisch­en und regionalen Vorgaben zu einem Milchstand­ort geworden. Da müssen wir exportiere­n, denn der regionale Ansatz reicht da nicht mehr.“Hans Breitsamet­er: „Wir sind nicht grundsätzl­ich gegen Export.“

Diskussion um Agrarfirme­n und Molkereien

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Symbolfoto: Wiedenmann Milchbauer­n kämpfen mit schwierige­n Marktbedin­gun gen.

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