Eltern sind die besten Ratgeber für Eltern
Beim Projekt Elterntalk geht es vor allem um Themen wie Medien, Konsum oder Sucht. Mütter und Väter fungieren dabei als Experten in eigener Sache. Was die Teilnehmer daran gut finden und was ihnen weiterhilft
Aichach Wie hoch soll das Taschengeld für die Kinder sein? Sollen sie überhaupt Taschengeld bekommen? Das war eines der Themen, das die Mütter beim Elterntalk in den Räumen der Kinder- und Jugendhilfe Wittelsbacher Land (KJF) in Aichach aufgriffen. Elterntalk ist ein Projekt der Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Bayern. In Aichach fnden die Gesprächsrunden mit dem Jugendamt als Partner seit 2016 statt. Margit Stegmair von der psychologischen Beratungsstelle der KJF ist als Regionalbeauftragte die Koordinatorin des Elterntalks.
Der Grundgedanke hinter dem Projekt ist, dass sich Mütter oder Väter in Gesprächsrunden mit anderen Eltern in Erziehungsfragen austauschen. Im Mittelpunkt stehen vor allem Themen rund um Medien, Konsum oder Suchtvorbeugung.
Eltern sind Experten in eigener Sache – das ist der Gedanke hinter dem Projekt. Väter und Mütter haben verschiedene Erfahrungen und Fähigkeiten, aber auch unterschiedliches Wissen und Können. Sie stehen allerdings häufig vor ähnlichen Fragen bei der Erziehung. Der Gedanke des Elterntalks: Dies im gemeinsamen Gespräch mit anderen Eltern zu erfahren, stärkt im Wahrnehmen der eigenen Situation und ermutigt Eltern, nach neuen Wegen zu suchen für ihren Erziehungsalltag.
Die Struktur und den Rahmen für diese Gesprächsrunden bieten Moderatoren. Sie haben eine Schlüsselrolle, denn an ihnen liegt es, die Zielgruppe zu erreichen. Die Moderatoren werden von den pädagogisch ausgebildeten Regionalbeauftragten, in diesem Fall Stegmair, ausgebildet. Es gebe bereits drei Ausbildungsgruppen, freut sich die Koordinatorin.
Eine, die eine solche Ausbildung bereits hat, ist eine 45-jährige Mutter aus Adelzhausen. Die Motivation für sie, sich als Ehrenamtliche in dem Projekt zu engagieren, beschreibt sie so: „Ich bekomme regelmäßig mit, dass es Eltern gibt, die » Schwierigkeiten haben und das im Bekanntenkreis nicht ansprechen wollen.“Der Elterntalk bietet hier die Möglichkeit, sich auszutauschen und Inputs zu bekommen. Eine andere Mutter stellt fest: „Es hilft mir sehr, wenn ich merke, dass andere die gleiche Meinung haben.“Andere Meinungen zu hören, empfindet sie als inspirierend.
Eine der grundlegenden DialogRegeln beim Elterntalk ist es, nicht zu werten. Eine Mutter von drei Kindern schätzt es, dass „wertfrei verschiedene Standpunkte nebeneinander sein dürfen“. Etwas, das sie sich generell wünschen würde: „Mütter kritisieren sich viel zu sehr gegenseitig, statt sich zu unterstützen.“
Die Talkrunden finden dort statt, wo die Moderatorinnen sich wohlfühlen. „Das kann auch im privaten Wohnzimmer sein“, sagt die Adelzhauserin. Als Basis dienen den Moderatorinnen Kartensets zu verschiedenen Themenbereichen wie Handy, Computer- und Konsolenspiele oder Konsum. Die Bildkarten behandeln jeweils einen Themenaspekt, der Schwerpunkt beim Elterntalk ist.
Die Gesprächsrunden finden längst nicht mehr nur im privaten Rahmen statt. Auch an Schulen und Kindergärten stellte Stegmair den Elterntalk bereits vor. Eine 38-jährige Marokkanerin, die in einem Asylkreis tätig ist, hält ihn dort ab. Um eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, „talkt“sie mit den Teilnehmern auf Arabisch.
Dabei geht es neben Kindererziehung oder Schule auch um Themen Projekt Elterntalk
● Projekt Elterntalk ist ein Projekt der Aktion Jugendschutz Landes arbeitsstelle Bayern.
● Begriff Elterntalk steht für Fach gespräche von Eltern für Eltern. Die Gesprächsrunden werden von an deren Vätern oder Müttern mode riert, die auf diese Aufgabe vorberei tet wurden.
● Ablauf Eine Gastgeberin oder ein Gastgeber lädt vier bis sechs ande re Eltern zu sich nach Hause ein oder die Eltern treffen sich in einem an deren Rahmen. Im Gespräch werden verschiedene Möglichkeiten des erzieherischen Umgangs mit den Kin dern diskutiert oder entwickelt.
● Grundgedanke Das Projekt bietet die Struktur und den Rahmen für die Gesprächsrunden – aber keine fertigen Lösungen. Der Erfolg hängt von allen ab, die sich zum Ge spräch treffen und sich für den Austausch von Erfahrungen interes sieren.
● Dauer Eine Gesprächsrunde dau ert in der Regel zwei Stunden. Es entstehen für die teilnehmenden El tern keine Kosten.
● Kontakt Margit Stegmair ist An sprechpartnerin für den Landkreis. E Mail stegmairm@eb aichach.de oder Telefon 08251/20404 11.
● Internet Weitere Informationen zum Elterntalk im Internet unter http://www.elterntalk.net/ (drx)
„Mütter kritisieren sich viel zu sehr gegenseitig, statt sich zu unterstützen.“Eine Mutter
wie deutsche Kultur und Sprache, um rechtliche Aspekte oder das für die Asylsuchenden fremde Wertesystem.
Demnächst plant die 38-Jährige eine Talkrunde zusammen mit einem Vertreter vom Amt, der Fachfragen beantworten kann. „Die Eltern haben einen Riesenbedarf“, ist die Erfahrung der 38-Jährigen. Unterstützung, wie der Elterntalk sie heute bietet, hätte sie sich gewünscht, als sie vor 15 Jahren mit ihren Kindern nach Deutschland kam. „Ich war eine verlorene Mutter“, fasst sie ihr Gefühl von damals zusammen.