Das Ensemble bietet Zeit zum Erholen
Beim Neujahrskonzert in Merching sind selbst die Notsitze belegt. Welcher Wunsch bisher unerfüllt blieb
Merching Schon vor Konzertbeginn in Merching war es für die Veranstalter der „Kultur im Pfarrsaal“ein furioser Jahresstart: Selbst die Notsitze, die zusätzlich aufgestellt wurden, waren restlos belegt.
Mit musikalischen Glockenklängen von Albert Ketèlbey startete das Neujahrskonzert 2018 diesmal sehr feierlich. „Eine Glocke hat den längsten Nachklang von allen Instrumenten: Musik entsteht in der Stille der Zeit und kehrt wieder in das Geheimnis der Stille zurück“, erinnerte Carl Graf die Zuhörer. Genau das wollten die Musiker als musikalischen Neujahrswunsch für dieses Jahr mitbringen: Zeit in allen Facetten. Etwa eine besonders beschwingte, lebensfrohe Zeit, bei der kein bisschen verlorene Zeit dabei ist wie bei dem Veroneser Ständchen. Oder Zeit für einen Walzer und Tanz, wie das Ensemble der Serenata Leonberg mit Berthold Masing (Violine), Nina Karmon (Violine), Pilvi Heinonen (Violincello) und Uwe Gerster (Kontrabass) sowie Pianist und Moderator Carl Graf mit „Ein Walzer für dich“oder unbeschwerten Walzerfolgen von Emmerich Kálmán so schmackhaft machte.
Auch zärtlich und behutsam wie die „Annen-Polka“solle das Jahr sein und dabei immer wieder eine Zwischenzeit zum Erholen und Durchschnaufen wie das „Intermezzo“von Franz Grothe bieten, wünschten die Musiker. Übermütig und mitreißend setzten die Musiker die „Tritsch- und Tratsch-Polka um“. Tritschler, also langsame Menschen, würden auch in diesem Jahr eher nicht vorwärtskommen, und der Tratsch – der wäre noch schneller, als man es überhaupt auf den Instrumenten spielen könne, meinte Carl Graf verschmitzt. Da sei es doch besser, „im Kerzenschimmer“bei einem Musikstück von Gerhard Winkler die Zeit zu genießen.
Fröhlich luden die Musiker die Zuhörer zu einer rasanten und übermütigen „Petersburger Schlittenfahrt“ein – sehr zart und gefühlvoll folgte darauf die leichtfüßig gespielte „Pizzicato Polka“. Nun hieße es endgültig „freie Bahn“fürs neue Jahr, meinte Carl Graf philosophisch – mit „Freiheit“sei jedoch gemeint: „Ich darf tun, was ich kann“– und nicht „was ich will“, mahnte er. Mit einem furiosen Schaffnerpfiff und dem Stück „Freie Bahn“von Eduard Strauss wollten die Musiker eigentlich das Konzert beschließen, aber die Zuhörer noch lange nicht, wie sie mit ihrem Applaus deutlich machten. Da sich ein musikalischer Neujahrswunsch vom letzten Jahr noch nicht erfüllt habe, nämlich dass der Patriotismus in Europa nicht zum Nationalismus verkomme, wählten die Musiker wie im vergangenen Jahr das Stück „Eljen a Magyar“von Johann Strauß, das nicht nur musikalisch furios und leidenschaftlich klingt, sondern bis heute nichts an seiner politischen Brisanz eingebüßt hat.
Mit einer erneuten heiß begehrten und zu Neujahrskonzerten in Merching so beliebten Zugabe, dem „Radetzkymarsch“, ging das Neujahrskonzert 2018 schließlich schwungvoll zu Ende.