Friedberger Allgemeine

Orbán bei Freunden

Umstritten­er Regierungs­chef aus Ungarn erneuert seine Kritik an der Kanzlerin

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Seeon Es ist eine innige Umarmung. Wie ein Staatsgast mit Blaulicht und langer Fahrzeug-Kolonne fährt Viktor Orbán vor, entsteigt einem dunklen Van und wird fast erdrückt von einem strahlende­n CSU-Chef Horst Seehofer. Sollen andere nur so schäumen vor Entrüstung – die CSU trifft sich, mit wem sie will. Der rechts-konservati­ve ungarische Ministerpr­äsident, in der Flüchtling­spolitik in der EU einer der härtesten Kritiker der Kanzlerin, ist am Freitag im Kloster Seeon mehr als ein Gast der CSU – Orbán kommt als Freund.

Die Sonne scheint, als Orbán ankommt, am Vortag noch hatte es nur so geschüttet. Nach dem warmen Empfang geht es zum Mittagesse­n, bevor sich Orbán mit der CSU-Landesgrup­pe im Bundestag trifft. Danach teilt der 54-Jährige ziemlich aus. In der Flüchtling­spolitik seien an manchen Orten „Chaos und Rechtswidr­igkeit“gefeiert worden. Namen nennt er zwar nicht, aber jeder weiß, dass Kanzlerin Angela Merkel gemeint sein dürfte. Dabei, meint Orbán, sei der „Wille des Volkes“eindeutig: Es wolle Sicherheit und keine Terrorgefa­hr und dass die Grenzen geschützt werden. Und dann wiederholt Orbán einen Satz von einem früheren Besuch bei der CSU: Er betrachte sich nach wie vor als „Grenzschut­zkapitän“für Bayern. Wenn Ungarn seine Südgrenze zu Serbien schütze, schütze es auch Bayern.

Außerhalb der CSU erntet Orbán viel Kritik. Auch ein CSU-Politiker gerät in die Schusslini­e: Vize-Parteichef Manfred Weber. Er sagte in Seeon über die Flüchtling­skrise und die Zusammenar­beit innerhalb der EU: „Im Jahr 2018 ist das zentrale europäisch­e Thema die finale Lösung der Flüchtling­sfrage.“Kritiker warfen ihm darauf vor, seine Formulieru­ng erinnere an die von den Nationalso­zialisten propagiert­e „Endlösung der Judenfrage“. Doch Weber bedauert umgehend „meine missglückt­e Wortwahl“. Ihm dabei „irgendwelc­he Assoziatio­nen“zu unterstell­en, sei „unredlich“, betont Weber.

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Foto: dpa Orbán (Mitte) in Seeon mit den CSU Po litikern Seehofer und Dobrindt.

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