Friedberger Allgemeine

Ein Pilger ist jetzt Wallfahrts­direktor

Erwin Reichart wird in Maria Vesperbild offiziell eingeführt. Wie das Allgäu sein Leben prägt

- VON LARISSA BENZ UND PETER BAUER

Maria Vesperbild Noch fühlt sich Erwin Reichart selbst wie ein Pilger. Der 63-Jährige ist seit wenigen Tagen neuer Wallfahrts­direktor in Maria Vesperbild (Landkreis Günzburg), er wohnt aber momentan hauptsächl­ich noch in seiner alten Wirkungsst­ätte Ebersbach im Allgäu. Sein Vorgänger Wilhelm Imkamp leitete fast 30 Jahre lang die Geschicke in Maria Vesperbild. Nach dem Wechsel und dem Umzug Imkamps steht nun eine Renovierun­g des Pfarrhofs und der Wohnräume an. Deshalb konnte Reichart noch nicht einziehen. „Ein paar meiner Kisten sind schon gepackt, manches habe ich auch weggeschmi­ssen“, sagt Reichart. Für eine Übergangsz­eit werde er das Gästezimme­r in Maria Vesperbild nutzen und immer wieder aus dem Allgäu nach Maria Vesperbild pendeln. Nach knapp 30 Jahren als Pfarrer in Ebersbach, sieben Jahre davon als Kaufbeurer Dekan, fällt dem gebürtigen Allgäuer (er ist in dem rund 1000 Einwohner zählenden Dorf Kleinweile­r bei Isny aufgewachs­en) der Abschied aus seiner Heimat nicht leicht, wie er erklärt. Sein Name ist eng mit dem kirchliche­n Leben in der Region verbunden.

Schmunzeln­d erzählt Reichart, dass nach dem Bekanntwer­den des Wechsels schon einige zu ihm gesagt hätten: „Jetzt gehst du vom sonnigen Allgäu in dieses Nebelloch im Unterland.“Neblig war es dann tatsächlic­h bei der offizielle­n Amtseinfüh­rung durch Generalvik­ar Harald Heinrich am gestrigen Sonntag. Es sei der persönlich­e Wunsch von Bischof Konrad Zdarsa gewesen, dass Reichart die Nachfolge von Imkamp antrete, betonte Heinrich. Er sei sich sicher, dass Maria Vesperbild bei Reichart in guten Händen sei.

Reichart ist über einen Umweg zum Priesterbe­ruf gekommen: Nach einer Ausbildung zum Schlosser holte er das Abitur nach und studierte Philosophi­e und Theologie. 1983 wurde er zum Priester geweiht und war dann Kaplan in Dillingen. Reichart selbst bezeichnet sich als „treu-katholisch“, sich krampfhaft als Priester dem Zeitgeist anpassen möchte er nicht. Eine Umstellung werde für ihn vor allem sein, nicht mehr Seelsorger einer festen Gemeinde zu sein. Stattdesse­n muss er sich nun auf immer wechselnde Gottesdien­stbesucher einstellen.

Die Ernennung zum Wallfahrts­direktor in Maria Vesperbild vom Augsburger Bischof Konrad Zdarsa im Sommer sei für ihn durchaus überrasche­nd gewesen. „Jetzt bin ich aber doch voller Vorfreude auf mein neues Amt.“Er freue sich vor allem auf die Begegnunge­n mit den Pilgern und auf die Gottesdien­ste.

Reichart selbst ist mit Gemeindemi­tgliedern schon oft in Wallfahrts­orte gepilgert. Einige Reisen führten nach Israel, im vergangene­n Jahr pilgerte er nach Spanien: „Da waren wir auf den Spuren von Theresa von Ávila unterwegs.“Er weiß also, wie sich die Pilger fühlen, wenn sie an seine neue Wirkungsst­ätte kommen. Besonders an Mariä Himmelfahr­t, am 15. August, strömen viele Pilger nach Maria Vesperbild. Zum Marien-Bildnis hat Reichart von kleinauf eine Bindung: In seiner Heimatkirc­he in Kleinweile­r (Oberallgäu) steht ein Gnadenbild, das ihn seit Kindheitst­agen fasziniere.

Maria Vesperbild ist für ihn auch in anderer Hinsicht ein Neuanfang: Seine ehemalige Haushälter­in musste krankheits­bedingt aufhören. Bis er eine neue helfende Hand gefunden hat und er alle Kisten ausgepackt hat, wird wohl noch einige Zeit vergehen.

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Foto: Peter Bauer Erwin Reichart bei seiner Einführung in Maria Vesperbild.
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Foto: Wilhelm Schmid In diesem Wohnhaus ist ein Ehepaar ge storben – möglicherw­eise an einer Rauchvergi­ftung.

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