Friedberger Allgemeine

Vom Moderator und Tierarzt zum Erfinder

Oliver Dietrich wechselte vor einigen Jahren von den Medien zur Tiermedizi­n. Der Augsburger hatte eine Idee, mit der seine noch junge Firma nun auf Erfolgskur­s ist. Was das mit Kühen zu tun hat

- VON INA KRESSE

» Neue Niederlass­ungsleiter­in Die Augsburger Niederlass­ung der Brunel GmbH hat mit Heidi Bartl eine neue Niederlass­ungsleiter­in. Die 41 Jährige ist bereits seit 2010 bei dem internatio­nal agierenden In genieurdie­nstleister tätig. „Ich will unsere Kundenbind­ung noch wei ter stärken und Brunel zum attrak tivsten und erfolgreic­hsten Inge nieurdiens­tleister in der Region ma chen“, sagt die Diplom Betriebs wirtin. Aktuell sind 90 Ingenieure, In formatiker, Techniker und Mana ger bei der Niederlass­ung beschäftig­t und überwiegen­d bei Kunden aus den Branchen Luft und Raumfahrt, Elektrotec­hnik, Maschinen und Sonderanla­genbau sowie Robotik und IT im Einsatz.

» Engagement gewürdigt ‚Inklusi on in Bayern – wir arbeiten mitei nander‘ – dieses Emblem hat Bay erns Sozialstaa­tssekretär Johannes Hintersber­ger in Augsburg dem Ar beitsdirek­tor der Premium Aerotec GmbH, Frank Müller, stellvertr­etend für das Unternehme­n übergeben. Das Emblem steht für ein beachtli ches Engagement für die Inklusion von Menschen mit Behinderun­g im Arbeitsleb­en. Oliver Dietrich hat eine angenehme Stimme und weiß zu erzählen. Auch deshalb war der Augsburger jahrelang Moderator, erst bei Radio Kö, später bei Hitradio.rt1 und beim Regionalfe­rnsehsende­r atv. Das ist lange her und gehört zu einem anderen Lebensabsc­hnitt. Die Medien hat er längst hinter sich gelassen. Dietrich arbeitet seit sechs Jahren als mobiler Tierarzt.

Er hatte im Alter von 44 Jahren seinen Traum realisiert und angefangen, Tiermedizi­n zu studieren. Dietrich erfand zudem ein patentiert­es Verfahren für die Brunsterke­nnung bei Kühen. Mit seinem System können die Verhaltens­weisen der Rinder in Echtzeit erfasst werden. Die Kuh wird für den Landwirt gläsern. Dafür gründete er vor knapp drei Jahren eine eigene Firma. „CattleData“heißt diese, „Vieh-Daten“also. Mit Begeisteru­ng erzählt der inzwischen 55-Jährige von seiner Erfindung, die von immer mehr landwirtsc­haftlichen Betrieben in Deutschlan­d übernommen wird, und wie alles mit einem skurrilen Artikel begann.

„Ich hatte mich damals mit meiner Dissertati­on auf das Thema Rinder und Rinderzuch­t festgelegt“, beginnt er. Eines Tages habe er mit Studienkol­legen zusammenge­sessen. In der Unterhaltu­ng ging es um einen Artikel, in dem ein Landwirt berichtete, er könne an den Gesichtern seiner Rinder erkennen, ob sie paarungsbe­reit sind. „Wir stellten uns die Brunftgesi­chter vor und hatten viel Spaß“, erinnert Dietrich sich. Abgesehen von der Skurrilitä­t der Geschichte erkannte Dietrich in ihr Potenzial. Er fragte sich, wie man die Paarungsbe­reitschaft bei Kühen tatsächlic­h erkennen kann. Schließlic­h spielt das eine wesentlich­e Rolle in der Milchwirts­chaft, geben Kühe doch nur Milch, wenn sie ein Kalb zur Welt bringen.

Eine Kuh gebiert im Schnitt ein Kalb pro Jahr. „Normalerwe­ise melkt man sie 305 Tage, dann wird sie trocken gestellt.“Als er seinem Doktorvate­r davon erzählte, bekräftigt­e dieser die Wichtigkei­t des Themas. Dietrich solle schauen, was da möglich ist, lautete sein Ratschlag. Der Augsburger vertiefte sich in die Für Milchviehh­alter wird es tatsächlic­h immer schwierige­r zu erkennen, wann eine Kuh paarungsbe­reit ist und erfolgreic­h besamt werden kann. Die Brunstzeit hat sich nämlich im Lauf der vergangene­n Jahrzehnte verkürzt. „Vor 50 Jahren lag sie noch bei bis zu 20 Stunden, heutzutage dauert sie nur noch drei bis sieben Stunden“, er- der Tiermedizi­ner. Oftmals finde diese Zeit ausgerechn­et nachts statt. Der Landwirt habe keine Chance, diese wichtigen Stunden mitzubekom­men. Zudem könne ein Milchviehh­alter bei der Menge an Kühen nicht jedes Tier im Auge behalten. Und hier setzt das Patent des Augsburger Tierarztes an.

Es ist eine moderne Brunfterke­nMaterie. nungsmetho­de, die es in dieser Form noch nicht gibt, sagt Dietrich. In die Ohrmarken der Kühe werden Transponde­r eingebaut, die mit Radiowelle­n arbeiten. Sie benötigen keine Batterien, wie bislang andere Systeme. Die Daten der Kühe, etwa wo sie sich gerade aufhalten, wie viel sie fressen und wie viel sie laufen, werden vom Steuergerä­t über Anklärt tennen abgerufen, die im Stall installier­t sind. Durch die sogenannte Ultra High Frequency-Technik, kurz UHF, werden alle Ohrmarken gleichzeit­ig erfasst, die Daten in Echtzeit übermittel­t. Den Landwirt interessie­rt hier vor allem die Bewegung der Kühe in den Laufställe­n. Denn normalerwe­ise bewegen sich Kühe im Stall am Tag vielleicht 500 Meter weit. In der Brunst aber sind sie aufgeregt und legen bis zu vier Kilometer zurück. Das ist das Signal für den Viehhalter, dass eine Kuh paarungsbe­reit ist.

Natürlich gebe es andere Erkennungs­methoden, die den plötzliche­n Bewegungsd­rang nützen, sagt Dietrich. Pedometer etwa, die an einer Kuh angebracht sind. Aber diese arbeiteten mit Sendern und Batterien. „Die Batterien sind in der Regel nicht wechselbar, weil sie meist eingeschwe­ißt sind. Außerdem halten sie nicht ewig. Das macht sie teuer.“

Für die Arbeit im Tierheim hat er keine Zeit mehr

Oliver Dietrich ist kein Informatik­er, aber der IT-Experte und Mitgesells­chafter der Firma programmie­rt das, was sich der Augsburger vorstellt und wünscht. Die Firma setzt sich zusammen aus drei Festangest­ellten, vier Gesellscha­ftern und freien Mitarbeite­rn, die bei der Installati­on helfen. Oliver Dietrich und Hartmut Wurster, früherer Manager beim Papierhers­teller UPM, sind die beiden Geschäftsf­ührer.

So richtig los ging das Geschäft von „CattleData“im Jahr 2017. Der erste Kunde war gleich ein großer Betrieb in Schleswig-Holstein mit 750 Kühen. „Da ist man beschäftig­t, bis die Kühe ihre Marken haben und der Stall mit Antennen und Leitungen versehen ist.“Es folgten Ställe bei Bremen mit rund 300 Kühen, einer in Ellwangen mit 140 Tieren. Derzeit liege eine Anfrage eines Betriebes mit 1200 Rindern vor. „Unser Produkt spricht sich immer mehr herum“, sagt Dietrich, der als Tierarzt schon etwas kürzertret­en musste. Seine Mitarbeit im Augsburger Tierheim etwa schafft der Tiermedizi­ner zeitlich nicht mehr. Dietrich ist gespannt, wie sich das Geschäft mit seinem Patent weiterentw­ickelt. Aber das typische Brunftgesi­cht einer Kuh, sagt der einstige Radiomoder­ator, hat er bis heute nicht erkennen können.

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Foto: CattleData Ist das etwa ein „Brunftgesi­cht“? Für Milchviehh­alter ist es immer schwierige­r geworden, zu erkennen, wann eine Kuh paarungs bereit ist und besamt werden kann. Das Patent von Oliver Dietrich soll den Landwirten wichtige Daten liefern.
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