Die SPD ringt mit sich selbst
Die Große Koalition auf Bundesebene liefert Zündstoff. Die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr ist eine Gegnerin – und bekommt für diese Haltung Unterstützung
Ulrike Bahr ist seit dem Jahr 2013 die Augsburger SPD-Bundestagsabgeordnete. Die 53-Jährige führt zudem die Augsburger SPD und ist schwäbische SPD-Vorsitzende. Jetzt geht es innerparteilich darum, ob Ulrike Bahr auch in den nächsten vier Jahren ein Mitglied der Großen Koalition in Berlin sein wird. Sie selbst gilt als Gegnerin dieser Lösung. Doch es zählt eben nicht ihr Votum, sondern die Partei ist gefragt. Zunächst am kommenden Sonntag bei einem Parteitag, der über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abstimmt.
Würde der politische Weg zu einer Koalition von Union und SPD führen, müssten darüber die SPDMitglieder am Ende entscheiden. Es besteht Gesprächsbedarf in Reihen der SPD. Als schwäbische Vorsit- zende hat Ulrike Bahr am Montag alle per Mail erreichbaren Mitglieder in Schwaben aufgerufen, ihr schon jetzt eine Rückmeldung zu geben, wie die Große Koalition bei der Basis ankommt. Ihre persönliche Sicht tut sie kund: „Kann die SPD in Zukunft überhaupt noch eine glaubwürdige Alternative für eine Politik jenseits von CDU/CSU sein, wenn sie in der Wahrnehmung der Bürger nur noch als Anhängsel von CDU/CSU firmiert beziehungsweise damit in eins gesetzt wird? Ich meine, unser Land braucht eine klare demokratische Alternative zur gegenwärtigen Politik, wenn die AfD als dann größte Oppositionspartei nicht noch weiter gestärkt werden soll.“
Der SPD-Nachwuchs in Augsburg teilt diese Positionierung. Silke Högg, Vorsitzende der Jusos, sagt: „Wir werden gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen auf dem Parteitag am 21. Januar und notfalls für jede Nein-Stimme im Mitgliederentscheid kämpfen. Wir werden nicht auf die Taktik einiger Bundesvorstandsmitglieder hereinfallen, die jetzt Nachverhandlungen der Union fordern.“Den Optimismus, während der Koalitionsgespräche noch die roten Linien der Partei hineinverhandeln zu können, teile sie nicht, so Silke Högg. Anna Rasehorn, Augsburger SPD-Stadträtin und schwäbische Juso-Vorsitzende, erklärt: „Die Große Koalition wurde am 24. September mit einem Mi- nus von 14 Prozent klar abgewählt. Auch die Ergebnisse der Sondierungsgespräche und das Verhalten der Union zeigen deutlich, dass ein gemeinsames Regieren mit der Union unmöglich ist.“
Darüber hinaus will Ulrike Bahr unabhängig vom Parteitagsbeschluss bei einer öffentlichen Veranstaltung über die künftige Rolle der SPD diskutieren – auch mit Blick auf die Landtagswahl. Die Diskussion ist angesetzt am Mittwoch, 24. Januar, um 19 Uhr in der Stadtbücherei. Wie soll es nach dem Parteitag weitergehen?, lautet das Thema. Provokant gefragt, heißt es dazu wörtlich in der Einladung: „Volkspartei? Klientelpartei? Allerweltspartei?“