Friedberger Allgemeine

Wo bleibt der Winter?

Bisher ist es eher warm als weiß. Für die Natur ist das aber kein Grund zur Sorge. Und der Schnee kann noch kommen, wahrschein­lich schon bald

- VON DANIEL WEBER

Aichach Friedberg Die Temperatur­en spielen Frühling und ans Schlittenf­ahren ist nicht zu denken. Vom Himmel fällt höchstens kalter Regen, nicht weicher Schnee. War das schon der Winter oder kommt er noch? Um das zu beantworte­n, sei es noch viel zu früh, meint der Meteorolog­e Klaus Hager. Denn den meisten Schnee gebe es für gewöhnlich erst im Februar. Das Thermomete­r zeigt aktuell nur ein Grad Celsius über dem saisonalen Durchschni­tt an, nichts Außergewöh­nliches also. Überhaupt, so Hager, seien in den vergangene­n 15 Jahren die Temperatur­en in dieser Jahreszeit nur leicht gestiegen. Und generell beginne der Winter inzwischen etwas später, dauere dann aber auch ein bisschen länger. Wer sich also jetzt schon freut, dass er dem Schneeräum­en entronnen ist, sollte sich seiner Sache nicht allzu sicher sein und die Schaufel lieber griffberei­t halten.

Stürme wie am Jahresanfa­ng beunruhige­n Hager nicht, sie seien in dieser Jahreszeit durchaus üblich. Das bestätigt Wolfgang Sailer, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten. „Unseren stabilen Wäldern werden sie nicht gefährlich“, fügt er hinzu. Trotz etwas Windbruch werde nicht mehr gefällt als sonst. Und während sich viele Menschen über Regen und Feuchtigke­it beschweren, freut sich Sailer: „Die Böden speichern das Wasser bis zum Frühling und bieten dann ausgezeich­nete Voraussetz­ungen für die Bäume. So gestärkt sind sie zum Beispiel gut gegen den Borkenkäfe­r gewappnet, der 2016 so viel Schaden angerichte­t hat.“Nur mit dem Fällen müsse man sich aktuell noch zurückhalt­en, erklärt Sailer, weil die schweren Maschinen am besten auf hart gefrorenem Untergrund fahren. Dann hinterlass­en sie keine tiefen Furchen und verdichten den Boden nicht so sehr.

Auch der Kreisvorsi­tzende des Bayerische­n Bauernverb­ands, Reinhard Herb, wünscht sich einige Wochen Frost. Denn ohne diesen über- stehen die ungeliebte­n Schädlinge den Winter allzu gut. Die Winterfeuc­hte hingegen lässt ihn ebenfalls sehr positiv auf das neue Jahr blicken, und Zeit für kaltes Wetter bleibt schließlic­h noch mehr als genug. Wintersort­en wie Wintergers­te und -weizen gedeihen problemlos, einer guten Ernte stehe nichts im Wege.

Die Pflanzenwe­lt genießt also ganz offensicht­lich die bisher milde Jahreszeit. Doch auch die Tiere vermissen den Schnee nicht. Derzeit fänden zum Beispiel Vögel noch viel Nahrung auf den Feldern, weiß Gerhard Mayer vom Landesbund für Vogelschut­z. Wer ein Futter- häuschen aufgestell­t hat, muss auf den großen Andrang also noch etwas warten. Unbeeindru­ckt von den Klagen über einen zu warmen Winter, führt Mayer aus, seien aber die Zugvögel wie gewohnt in wärmere Gefilde entschwund­en. Aus dem deutlich kälteren Nord- und Osteuropa hingegen wären bereits wie jedes Jahr einige Gastvögel eingetroff­en, für die hier der Süden beginnt. „Gerade jetzt kann man zum Beispiel viele Saatkrähen auf den Äckern um Friedberg beobachten, die im April in den Osten zurückflie­gen werden“, führt Mayer aus. Auch Bussarde habe er schon gesehen, die ebenfalls für ein paar Mo- nate dem frostigen Wetter ihrer Heimat entflohen sind.

Auf die Bienen, die in den vergangene­n Jahren durch Insektizid­e und Milbenbefa­ll viel gelitten haben, hat der laue Winter ebenfalls wenig Auswirkung­en. Karl-Heinz Waldmüller, Vorsitzend­er des Imkerverei­ns Friedberg, weiß, dass sie sich eher an Tageslänge und Sonnenstan­d orientiere­n als an der Temperatur.

Daher sind sie derzeit nur wenig aktiver als gewöhnlich. Sie verbrauche­n zwar etwas mehr Futter, die Vorräte sollten aber dennoch ohne Hilfe des Imkers ausreichen. Auch die gefürchtet­e Varroamilb­e macht Waldmüller aktuell wenig Sorgen: Sie vermehrt sich ausschließ­lich während der Brutzeit der Bienen und hat somit keinen Vorteil von den derzeitige­n höheren Temperatur­en.

Dauerhaft wärmeres Wetter könnte allenfalls jenen Tieren gefährlich werden, die einen Winterschl­af halten. Igel zum Beispiel laufen dann Gefahr aufzuwache­n und verbrauche­n dabei gefährlich viel von ihren Energieres­erven. Zwar schlummern sie wieder ein, wenn es kälter wird. Ihr Winterspec­k muss aber bis zum Frühjahr ausreichen. Erst dann finden sie wieder genügend Nahrung.

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Foto: Daniel Weber Der Schnee lässt dieses Jahr auf sich warten.

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