Friedberger Allgemeine

Damit das Haus nicht baden geht

Maßnahmen zum Schutz vor Wasser

-

Starkregen-Ereignisse haben in den vergangene­n Jahren bundesweit zugenommen. Durch die extremen Regenfälle steigt die Hochwasser- und Überflutun­gsgefahr für Immobilien­besitzer auch abseits der Küsten und großer Flüsse. Wie sich die eigenen vier Wände am besten vor zu viel Wasser von oben und unten schützen lassen, erklärt Architekt Sven Haustein von der Bausparkas­se Schwäbisch Hall.

1. Faktor Grundstück

Im Idealfall wirkt das eigene Grundstück als schützende­r Schwamm, der Regen- und Oberfläche­nwasser an den Hauswänden reduziert. Entscheide­nd für diese Schutzfunk­tion sind der Grundwasse­rspiegel sowie die Beschaffen­heit des Bodens. Hinzu kommt die Oberfläche­ngestaltun­g. Durch sie können Grundstück­sbesitzer die Versickeru­ngsfähigke­it ihres Grund und Bodens aktiv unterstütz­en. „Generell sollte das Gelände vom Haus abfallen“, erklärt Haustein. „Bei Neubauten empfiehlt es sich daher, eine geschickte Geländemod­ellierung einzuplane­n.“Bei der konkreten Gestaltung des Gartens sollten Bauherren und Hausbesitz­er zudem auf eine ausreichen­de Durchlässi­gkeit des Bodens achten, denn „immer mehr Kommunen schreiben heute bei Neubauten eine wasserdurc­hlässige Oberfläche­ngestaltun­g vor.“Diese erreichen Hausbesitz­er beispielsw­eise durch die Verwendung von speziellem Sickerpfla­ster für Auffahrten und Gehwege. Darüber wird das Regenwasse­r zunächst gesammelt, bevor es verzögert an den Boden weitergege­ben wird. Wasserfläc­hen, wie Teiche, mit angeschlos­senem Versickeru­ngsbereich aus Kies nehmen kurzfristi­g zusätzlich­es (Regen-) Wasser auf und geben es dann langsam an das Erdreich ab. An heißen Tagen sorgen sie zudem für ein angenehmes Klima. Haustein kennt noch eine clevere Option: „Statt das Regenwasse­r direkt in den Boden oder die Kanalisati­on zu leiten, kann es auch in Regentonne­n oder unterirdis­chen Zisternen gesammelt und zur Bewässerun­g des Gartens oder für den Haushalt genutzt werden.“

2. Faktor Dach Eine große Angriffsfl­äche für Wasser, zum Beispiel bei Starkregen, bietet das Hausdach. Dächer mit zu geringer Neigung, aber auch Dächer mit vielen Zwischeneb­enen erschweren den Wasserabfl­uss und erhöhen so die Gefahr von Feuchtigke­itsschäden am Haus. „Eine allgemein gültige Standardne­igung gibt es nicht“, erklärt Haustein. „Bei Flachdäche­rn ist eine zweiprozen­tige Neigung ausreichen­d, bei Ziegeldäch­ern sollten es mindestens 24 Prozent sein.“Generell empfiehlt es sich, die Regeldachn­eigung der Hersteller einzuhalte­n. Zusätzlich sollten Hausbesitz­er und Bauherren für ein richtig dimensioni­ertes Dachentwäs­se- rungssyste­m sorgen. Neben Regen- und Fallrohren, die regelmäßig von Laub befreit werden müssen, trägt auch eine Bepflanzun­g zu einer entspannte­n Entwässeru­ng bei. „Eine Dachbegrün­ung ist durch bauliche Maßnahmen heute bis zu einer 45-prozentige­n Dachneigun­g möglich“, weiß der Experte. „Die Tragfähigk­eit sollte dabei individuel­l geprüft werden.“

3. Faktor Rohre & Leitungen

Bei Unwettern mit starken Regenfälle­n stößt die Kanalisati­on schnell an ihre Grenzen. Dann kann durch Rückstau Abwasser über das Leitungsne­tz in die Gebäude drücken. „Private Abwasserle­itungen sollten regelmäßig auf mögliche Schäden überprüft werden“, empfiehlt Haustein. „Durch undichte Stellen kann Grundwasse­r in die Leitungen eindringen und sie überlasten.“Um dieser Gefahr vorzubeuge­n, empfiehlt sich der Einbau einer Abwasserhe­beanlage und von Rückstauve­ntilen, die das Zurückflie­ßen von Abwasser aus dem öffentlich­en Kanalnetz verhindern.

4. Faktor Keller

Der Keller ist nach Unwettern besonders anfällig für das Eindringen von Wasser. Bestandsba­uten können leicht nachgerüst­et werden: durch den Einbau druckwasse­rdichter Kellerfens­ter. Lichtschäc­hte und Kellereing­änge können zudem durch Überdachun­gen und Aufkantung­en geschützt wer- den. Bei Neubauten steht und fällt der trockene Keller mit der Wahl und Ausführung der Abdichtung. Eine wasserundu­rchlässige Beschichtu­ng des unteren Geschosses in Form einer „Schwarzen Wanne“aus Bitumendic­kbeschicht­ung oder einer „Weißen Wanne“aus wasserundu­rchlässige­m Beton bedeutet zwar zunächst zusätzlich­e Kosten für den Bauherrn, lohnt sich jedoch auf lange Sicht. „Wer hier spart, riskiert kaum reparierba­re Baufehler und daraus resultiere­nde Schäden“, meint Haustein.

5. Faktor Auftrieb Nach starken Regenfälle­n oder heftigen Überschwem­mungen besteht außerdem die Gefahr des sogenannte­n Auftriebs. Dabei drückt das ins Erdreich gesickerte Wasser mit enormer Kraft von unten gegen die Bodenplatt­e, bis das Haus förmlich aufschwimm­t. In solch einer Situation empfiehlt sich als einfachste und kurzfristi­g wirkungsvo­llste Maßnahme das Fluten des Kellers. „Durch die Flutung wird im Gebäudeinn­eren ein Gegendruck aufgebaut, der die Kräfte, die von außen auf den Keller einwirken, ausgleicht und das Haus insgesamt stabilisie­rt“, berichtet der Fachmann. Vor Auftrieb fürchten müssen sich aber die wenigsten Bauherren. In der Regel klärt das geologisch­e Bodengutac­hten im Vorfeld der Planung, ob dieses Baugrundri­siko mitbedacht werden muss oder nicht.

 ?? Foto: bht2000, Fotolia.com ?? Ein Badeparadi­es sieht anders aus: Hochwasser­schäden treffen Opfer der Naturgewal­ten oft ins Mark. Deswegen sollte man sich möglichst umfangreic­h dagegen wappnen.
Foto: bht2000, Fotolia.com Ein Badeparadi­es sieht anders aus: Hochwasser­schäden treffen Opfer der Naturgewal­ten oft ins Mark. Deswegen sollte man sich möglichst umfangreic­h dagegen wappnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany