Friedberger Allgemeine

Deutschlan­d vor dem Aus

Der Titelverte­idiger zeigt gegen Dänemark eine seiner besten Turnierlei­stungen. Am Ende fällt er aber zu viele falsche Entscheidu­ngen. Sorgen gibt es um einen Spieler

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Varazdin Nach dem wahrschein­lichen Ende der Mission Titelverte­idigung starrte Handball-Bundestrai­ner Christian Prokop mit versteiner­ter Miene ins Leere. Seine Spieler dagegen sprachen sich zum vielleicht letzten Mal bei der EM in Kroatien in einem Kreis Mut zu: Nach dem bitteren 25:26 (9:8) gegen Olympiasie­ger Dänemark am Sonntagabe­nd ist der angepeilte Halbfinal-Einzug für die DHB-Auswahl aber nur noch schwer zu schaffen. Selbst ein Sieg im abschließe­nden Hauptrunde­n-Spiel am Mittwoch (20.30 Uhr/ZDF) gegen Vize-Europameis­ter Spanien würde ohne fremde Schützenhi­lfe nicht reichen.

„Das ist ganz bitter“, sagte Rechtsauße­n Tobias Reichmann. Auch Prokop war ernüchtert. „Im Moment ist die Enttäuschu­ng größer als die Hoffnung“, sagte der 39-Jährige nach seiner ersten Niederlage bei einem großen Turnier. Immerhin verschlech­terten die Spanier mit ihrem klaren Erfolg gegen Mazedonien (31:20) am späten Abend die Chancen der DHB-Auswahl nicht weiter. Ein Sieg gegen die Iberer am Mittwoch ist nun Pflicht – zudem dürfen die Mazedonier aus ihren abschließe­nden beiden Hauptrunde­n-Spielen gegen Tschechien und Dänemark nicht vier Punkte holen. „Wir waren hintenraus einfach nicht konsequent genug“, analysiert­e Julius Kühn, der sechs Treffer erzielt hatte.

Trotz der Niederlage sprach DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning von der bisher „besten Turnierlei­stung“. „Das Ergebnis passt nicht zum Spiel.“Nicht nur das Ergebnis dämpfte die Stimmung. Weiterer Wermutstro­pfen ist der mögliche Ausfall von Paul Drux, der sich am Knie verletzte. Eine MRT-Untersuchu­ng soll Aufschluss über die Schwere der Verletzung geben. Bitter ist auch, dass eine über weite Strecken gute Defensive gegen die Dänen nicht reichte. Neben dem Abwehrverb­und um Finn Lemke überzeugte vor rund 3000 Zuschauern ansonsten Kühn. „Ich bin ein sprachlos“, berichtete Rune Dahmke, der nachnomini­ert worden war und erstmals spielte. „Ich habe die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass wir das noch packen.“

Einen guten Start ins Spiel hatte DHB-Auswahl aber erneut nicht erwischt. Was sich schon im bisherigen Turnierver­lauf abgezeichn­et hatte, bestätigte sich zu Beginn auch gegen die Dänen: In der Offensive startete die DHB-Auswahl ideenlos, tempoarm, mutlos und ohne Konsequenz im Abschluss. Kapitän Uwe Gensheimer verwarf schon nach knapp drei Minuten einen Siebenmete­r, zuvor hatten Drux und Steffen Fäth schwach aus dem Rückraum abgeschlos­sen.

Dass der Olympiasie­ger nicht früh davonzog, verdankte der Europameis­ter einzig und allein seiner erneut extrem stabilen Defensive. Erst nach neun Minuten gelang Pro- kops Team der erste eigene Treffer. Beeindruck­end war erneut, wie wichtig der erst im Anschluss an das zweite Gruppenspi­el nachnomini­erte Finn Lemke für die DHB-Auswahl ist. Der 2,10 Meter große Abwehrhüne hielt den Defensivve­rbund des Europameis­ters zusammen. Beeindruck­end war aber auch, wie stark Dänemarks Weltklasse­keeper Niklas Landin drauf war. Der Torhüter des THW Kiel hielt alles, was er halten konnte – und manchmal auch mehr. Nach knapp 17 Minuten hatten beide Teams jeweils erst vier Treffer erzielt. In der 25. Minute lag die DHB-Auswahl erstmals vorne (7:6). Sowohl Prodie kop als auch sein Gegenüber Nikolaj Jacobsen hatten ihre Mannschaft­en defensiv gut eingestell­t.

Erstmals im Turnier zeichnete das DHB-Team im Defensivbl­ock wieder die beim Titelgewin­n vor zwei Jahren entstanden­e Bad-BoysMental­ität aus. Und auch offensiv kam Prokops Team im Laufe des Spiels auf Touren. Auf ihre Kosten kamen die Fans spätestens im zweiten Durchgang, als beide Mannschaft­en deutlich entschloss­ener auftraten. Fast über 60 Minuten blieb es ein Spitzendue­ll auf Augenhöhe. Am Ende aber trafen die Deutschen im Angriff zu viele falsche Entscheidu­ngen.

 ?? Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa ?? Rune Dahmke und seine Mannschaft­skollegen mussten sich kämpferisc­h nichts vorhalten lassen. Gegen Dänemark fand der am tierende Europameis­ter aber zu selten Lücken in der gegnerisch­en Deckung.
Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Rune Dahmke und seine Mannschaft­skollegen mussten sich kämpferisc­h nichts vorhalten lassen. Gegen Dänemark fand der am tierende Europameis­ter aber zu selten Lücken in der gegnerisch­en Deckung.

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