Friedberger Allgemeine

Das Glück spricht aus Witzkeksen

Sebastian Reich und seine vorlaute Nilpferdda­me Amanda begeben sich auf die Suche

- VON DANIELA TIGGEMANN

Noch vor wenigen Jahren schienen Bauchredne­r fast ausgestorb­en zu sein. Doch inzwischen erfreuen sie sich einer ungeahnten Beliebthei­t, gelten im Fernsehen als sicherer Quotenbrin­ger und ziehen die Zuschauer in die größten Veranstalt­ungshallen. Selbst Daniel Kehlmann lässt Tyll Eulenspieg­el in seinem neuen Roman damit Schabernac­k treiben. Da wundert es dann nicht, wenn Sebastian Reich, seit sieben Jahren Gast im Programm von „Fastnacht in Franken“, mit seinem neuen, dem dritten Soloprogra­mm „Glückskeks“vor ausverkauf­ter Kongressha­lle spielt.

Während Sascha Grammel über die Zauberei und Psychologe Jörg Jará über das Puppenspie­l zum Bauchreden kamen, wurde diese Kunst dem Würzburger Reich vom Onkel in die Wiege gelegt. Erste Erfolge heimste er noch als „Pierre Ruby“ein, inzwischen hat er den Künstlerna­men abgelegt. Behalten hat er allerdings seine freche Begleiteri­n, die Nilpferdda­me Amanda, deren vorlaute und dreist direkte Art das Publikum liebt.

Machen Handys, Männer, Singen oder Backen glücklich, wird Amanda im Laufe des Abends gefragt. Ihre Antworten provoziere­n stets Lacher, oft nach dem Motto „Gott, is’ des bescheuert“, wie sie selbst bekennt. Die Suche nach Glück wird zum verbindend­en Motto des Abends und dem Puppenspie­ler gelingt das Kunststück, Glückskeks­sprüche ganz ironiefrei vorzutrage­n.

In Reichs zweieinhal­bstündigem Programm gibt es kaum wirklich böse Seitenhieb­e, keine messerscha­rfen Analysen, keine entblößten Charaktert­ypen. Und selbst seine knuddelige­n Puppen scheinen alle zu rufen: „Hab mich lieb!“Genauso wie der fröhliche Franke, der durch und durch liebenswür­dig und charmant sein Publikum mit – oft recht flachen – Witzen unterhält.

Reichs Technik als Ventriloqu­ist kann wirklich begeistern. Er spricht und singt ohne sichtbare Mundbewegu­ngen und atmet selbst in schnellen Dialogen ruhig. Ein wahrer Meister der Bauchredne­rzunft. Das merkt man besonders bei seinen neuen, köstlich tragischen Puppen, einem glücklosen Glücksschw­ein namens Pig Nick (das diabetesge­plagte Marzipansc­hwein singt: „Ich hab alles versaut!“) und bei A. Mor, einem greisen, zudem noch berlinernd­en Liebesgott, der lakonisch seine Fehlschüss­e aufzählt und unter der Liebe vermitteln­den InternetKo­nkurrenz leidet. Die lüsterne Amanda und Liebesprof­i A. Mor unterhalte­n sich auch direkt miteinande­r, ein technisch schwierige­s Kunststück, das Reich hier bewunderns­wert vorführt.

Trotz Längen im zweiten Teil erfüllte Sebastian Reich das Verspreche­n eines unterhalts­amen Abends für die ganze Familie. Das altersgemi­schte Publikum honorierte das mit viel spontanem Applaus und sang begeistert gemeinsam „Schubidu“. Auch wenn nicht alle Gags spitze waren, erzeugte das gemeinsame Lachen sichtbar Glücksmome­nte. So bleibt von diesem Abend vor allem die Erkenntnis: „Witze machen glücklich!“

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Foto: Siegfried Kerpf Ein Herz und eine Seele: Amanda und Se bastian Reich.

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