Wildfleisch liegt im Trend
Auf der Messe „Jagen und Fischen“haben viele der Besucher Wildfleisch probiert. Was hinter dem Boom steckt und was Experten zu Produkten aus dem Supermarkt sagen
Klaus Fischer schlendert gemütlich über die „Jagen und Fischen“im Messezentrum Augsburg. Bei ihm ist der Name Programm, denn Fischer ist passionierter Angler und ist auf der Messe, um sich nach aktuellen Trends umzusehen. „Brauchen tue ich nichts, aber finden tut man immer was“, erklärt er und lacht dabei. Außerdem interessiere er sich für das Angebot der Fischereifachberatung des Bezirks Schwaben. Aber bevor er sich dort über den Lebensraum der Fische informiert, will er sich noch einen Wilddöner holen, verrät er.
Den Wilddöner gibt es in Halle 5 am Stand von Jens König. Er betreibt in Unterfranken eine Metzgerei, 70 Prozent seiner Waren dort bestehen aus Wildfleisch. „Wir müssen uns gegenüber großen Supermarktmetzgereien abheben. Deswegen setzen wir auf Wild. Und weil es hier keine Massentierhaltung gibt“, erklärt er. Für die Jäger und Naturliebhaber, die die Messe besuchen, sind die Produkte von Jens König nichts Außergewöhnliches. „Für sie war Wildfleisch schon immer auf der Agenda, deshalb ist dieser Bereich auf der Jagen und Fischen auch nicht überdurchschnittlich ausgebaut worden“, erklärt Projektleiterin Melanie Söhnel. Sie bemerke aber eine verstärkte Nachfrage außerhalb der Jägerschaft.
Das bestätigt auch König. Seit zwei Jahren verbucht er einen verstärkten Umsatz mit Wildfleisch. Auch auf der Messe habe er viel positives Feedback erhalten. So auch von Klaus Fischer: „Ein ganz anderer, aber sehr angenehmer Geschmack“, so der Rentner. Er will daher gerne einmal wieder solches Fleisch essen. Die Chance dazu bietet sich auf der „Jagen und Fischen“zwar nicht mehr – sie ist am Sonntag zu Ende gegangen –, aber dafür bei Metzgern in Augsburg und dem Umland. Einer von ihnen ist Frank Stormanns auf dem Stadtmarkt. Hier bietet er Reh, Hirsch, Wildschwein und auch Wildgeflügel an – von der Wachtel bis zu Taube, geschossen in den Wäldern rund um Augsburg. Dass die Nachfrage nach Wild wächst, bestätigt auch er. Aber es gebe auch noch viele Vorbehalte, beispielsweise, dass die Zubereitung kompliziert sei. „Das stimmt nicht. Man muss nur bereit sein, sich darauf einzulassen und sich, je nach Teilstück, die Zeit dafür nehmen“,
Die Nachfrage nach Wild wächst
erzählt er. Eine solche Einstellung käme auch den Metzgern zugute, sie könnten schließlich nicht nur Stücke zum Kurzbraten anbieten, sondern müssen das ganze Tier verkaufen.
Und egal, welches Stück: Am Ende habe man, dank der Lebensumstände der Tiere in freier Natur, ein Produkt mit einem feinen und keinesfalls unangenehmen Fleisch- der natürlich und nicht von Gewürzen erzeugt worden ist. Wer beim Wildschwein Bedenken wegen der radioaktiven Belastung habe, könne ebenfalls beruhigt sein. „Es kommt kein Tier in den Verkauf, das nicht vorher untersucht worden ist. Und selbst im Laden macht das Marktamt noch zusätzliche Tests, um alle Risiken auszuschließen.“
Dass Wildfleisch einen kleinen Boom erlebt, hat auch Andrea Dittrich vom Augsburger Unternehmen Eatwild (deutsch: Esst Wild) bemerkt. Für sie gibt es zwei wesentliche Gründe dafür. „Wild bietet viele Vitamine und wenig Fett. Das kommt einer gesunden und bewussten Ernährung zugute“, ist sie überzeugt. Weil die Tiere in freier Wildbahn leben und bis zum Abschuss ein glückliches und stressfreies Leben führen können, hebt sich dieses Fleisch auch deutlich von der Massentierhaltung ab. „Mehr Bio geht nicht“, sagt Dittrich, deren Unternehmen das Wild aus dem Allgäu bezieht. Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, muss beim Preis für ein Wildgericht mit bis zu zehn Prozent höheren Kosten rechnen als bei vergleichbaren Metzgerwaren. Bei günstigeren Produkten aus dem Supermarkt sind die Experten kritisch. „Hier kann es aufgeschmack, grund der Vorgaben, genormte Produkte zu günstigen Preisen, keine Qualität geben. Man weiß meist auch nicht genau, wo das Tier herkommt und ob es wirklich frei gelebt hat“, meint Frank Stormanns.
Auch Andrea Dittrich ist skeptisch: In Polen und Tschechien würden die Tiere in Gattern gehalten und zum gegebenen Zeitpunkt geschossen. Wer in Sachen Wildfleisch unsicher ist, kann sich bei seinem Metzger beraten lassen, sagen die Experten. Und im kommenden Jahr gastiert auch wieder die „Jagen und Fischen“in Augsburg, wo Fachberater vor Ort Rede und Antwort stehen.