Schätze aus dem Nähkästchen
Der Kundenansturm beim Handarbeitsflohmarkt des Kissinger Frauenbunds ist groß. Doch ob es eine Fortsetzung im nächsten Jahr geben wird, ist noch sehr ungewiss
Kissing Den weitesten Weg zum Handarbeitsflohmarkt des Kissinger Frauenbunds nahm wohl Gabriele Mendle aus Ulm auf sich. „Meine Freundin aus Augsburg hat mir Bescheid gegeben und ich habe mich sofort ins Auto gesetzt“, sagt sie. Auf der Suche nach Stoffen für ihre Teddybärenwerkstatt klappert sie alle Märkte ab. Die Gelegenheiten, sich mit günstigen Schnäppchen rund um das Handarbeitshobby einzudecken, sind rar. Und so gab es wie schon in den Vorjahren auch beim sechsten Flohmarkt in Kissing einen enormen Ansturm.
Im Dr. Josef-Zimmermann-Haus türmten sich wahre Schätze für die große Leidenschaft. Der Trend zum Selbermachen ist ungebrochen. Begeistert stöberte Marianne Mauler zwischen Bergen von Wolle, Garnen, Spitzen und Knöpfen, Knüpfbildern, Bastelbüchern und Schnittmusterhefte. „Ich bin in der Verwaltung angestellt und wenn ich abends rausgehe, ist von meiner Arbeit nichts zu sehen. Da will ich wenigstens in meiner Freizeit etwas Sichtbares produzieren. Das gibt mir Befriedigung“, erklärt sie.
Und so wird das Enkelkind bestrickt, es gibt Lätzchen und Mützchen, sie näht bunte Wimpel für das Kinderzimmer und fertigt auch mal schnell Stoffkörbe für die Nichte, die in eine WG zieht. Gezielt auf alte Sachen richtete Alexandra Lange ihren Blick. „Ich stehe total auf den Shabby-Look, also Dinge, die antik und gebraucht aussehen. In ihrer Wohnung hat sich die Meringerin ein ganzes Zimmer in diesem Stil eingerichtet. „Darin erhole ich mich nach Feierabend.“
Raritäten gehören auch zum Beuteschema von Petra Murr und Monika Paintner: „Wir sind Näherinnen im Augsburger Textilmuseum tim und Nähgarne wie diese aus der Gögginger Nähfadenfabrik sind für uns wahre Schätze.“
Mit einer ganz anderen Absicht kam Silvia Weber. Die Kissingerin brauchte preiswerten Nachschub an Strickwolle und Stoffen. „Meine Handarbeiten verkaufe ich im Freundeskreis gegen eine Spende für den Tierschutz“, erklärt sie. Christine Geiling vom Frauenbundteam legte sich Sockenwolle zur Seite. „Ich werde auf Wunsch des Modellflieger-Club Merching wieder Socken für den nächsten Adventsmarkt stricken. Die gehen weg wie warme Semmeln“, berichtet sie. Selbstgestrickte Strümpfe galten lange Zeit als gefürchtetes Geschenk von Omas und Tanten, mittlerweile sind sie wieder heiß begehrt. Das Sockenstricken ist eine neue Leidenschaft, manche haben aber auch ihre liebe Not mit dem Maschenabnehmen für Ferse und Spitze. Da hilft schon auch mal ein Klick in YouTube, wie Andrea Burghardt zugibt. „Meine achtjährige Tochter ist Linkshänderin und so war es für mich schwierig, ihr das Stricken beizubringen. Da hab ich mir Unterstützung aus dem Internet geholt“.
Auch Strickrunden sind wieder in Mode. „Wir treffen uns mindestens einmal im Monat zum gemeinsamen Handarbeiten“, berichten drei Frauen aus Friedberg. Zunächst wird gemütlich Kaffee getrunken, dann gestrickt oder genäht. „Gerade in einer Zeit, wo viele Kontakte nur noch per WhatsApp oder SMS gehen, brauchen wir wieder Möglichkeiten, uns in Ruhe zu treffen.“
Doch genau dank der neuen Medien kam die 22-jährige Anna aus Mering zum Nähen. „Ich habe mir die App Pinterest heruntergeladen, das ist eine Ideenplattform für Rezepte, Mode, Heim und Handwerk und mache jetzt die ersten Nähversuche“. Dafür bot die Fülle an Stoffmustercoupons und Musterbücher genügend Material. Inmitten der Menge fiel eine Kundin durch ihr kreatives Outfit besonders auf. „Meine Kleidung ist Ausdruck meiner Lebensfreude“, betonte Michaela Taschner aus Augsburg. „Seit ich Schere und Nadel halten kann, beschäftige ich mich mit Textilien. „Ich bin hergekommen, um zu sehen, wie man so etwa organisiert“, gab Ingrid Axmann aus Egenhofen Auskunft. „Wir sind eine Frauengemeinschaft im Landkreis Fürstenfeldbruck und bekommen immer wieder Spenden an Stoffen und Wolle. Nun wollen wir im Herbst auch so einen Second-HandMarkt starten.“
Für das rund 15-köpfige Kissinger Helferteam bedeutete der Flohmarkt gut 20 Stunden Arbeitseinsatz. Bei ihrer Vorsitzenden Franziska Elbl wurden im Vorfeld Unmengen von Waren abgegeben, die sich in der Garage, im Keller, im Wintergarten und im Hausflur stapelten. Allein beim Basar im vergangenen Jahr kamen dabei gut 5000 Euro zusammen. Bislang wurden mit den Verkaufserlösen 13 verschiedene soziale Projekte unterstützt. Doch der Kraftakt ist für die Frauen enorm und vielleicht wird es im kommenden Jahr keine Fortsetzung mehr geben. „Ich habe mich vorsichtshalber schon mal für die nächsten Jahre eingedeckt“, sagt Christine Klotz aus Schwabmünchen und trug gleich mehrere Taschen voller Schätze zum Handarbeiten zum Auto.
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