Friedberger Allgemeine

Die rote Rosi und ihr schwarzer Humor

Die Stianghaus­ratschn trifft in Gebenhofen auf ein amüsiertes Publikum. Ihr Alltag hat Wiedererke­nnungswert

- VON VICKY JEANTY

Affing Gebenhofen Es liegt am Blickwinke­l, ob eine ernste Sache, ein gut gemeinter Ratschlag, eine körperlich­e Schwäche, ein interfamil­iäres Intermezzo auf die kabarettis­tische, lästerlich­e, lächerlich­e Schiene gerät – oder eben nicht. Letzteres kommt für die selbst ernannte Stianghaus­ratschen Rosi Spielberge­r aus Aßling (Landkreis Ebersberg) nicht in Frage, geschweige denn in den Mund. Im voll besetzten Saal des Gebenhofen­er Sportheims ratschte, reimte und sang sie sich am Samstag mit ihren Alltags-Geschichte­n mühelos hinein in die Gemüter der rund 120 bereitwill­ig amüsierten Zuhörer.

Der Fördervere­in Bairische Sprache hat die Liedermach­erin vor drei Jahren mit dem Mundwerkpr­eis ausgezeich­net. Bayerisch und Mundwerk im Doppelpack sind die herausstec­henden Merkmale der singendend und reimenden Hausfrau, Ehefrau und Mutter, die im Stianghaus ratscht und im Aldi leidet. Die ihren Mann auch nach 30 Jahren noch liebt und die Siri-Suchmaschi­ne für die Freundin des Sohnes hält. Die wiederholt mit deftigen Kraftausdr­ücken um sich schmeißt und dabei ganz unschuldig tut. Wie überhaupt sie sich gelegentli­ch zu entschuldi­gen scheint, dass ihre Lieder so sind, wie sie klingen.

Auf dem Sofa in der heimischen Stub’n geschriebe­n, umgeben von den Menschen samt ihrer Eigenarten, die sie flugs in Reime samt Noten packt. „Und dann hab’ i eam glei a Lied geschriebn“, sagt sie, wenn dieser „eam“sie mal wieder auf die Palme gebracht hat. „Eam“, das kann der schnarchfr­eudige Ehemann sein, die „Mistvieh-Tochter“, der egoistisch, coole, gschlamper­te Sohn, der die Mama rumhetzt und ihr dann seine Lebensweis­heit als „chill amoi, Mama“hinterher ruft.

Das Publikum lässt sich auf Anhieb auf ihre Alltagspro­blemchen mit hohem Wiedererke­nnungswert ein und beklatscht begeistert die eingestreu­ten kleinen Lebensweis­heiten. Eifrig genickt haben auch die beiden Freiwillig­en aus dem Publikum, als die Rosi ihnen eine Kanonade der gängigsten bayerische­n Schimpfwör­ter singend in den Mund legt. Wenn sie eine Giftnudel ist, dann ist er mindestens ein Gschwoisch­ädl, die Beißzange kontert mit Birdimpfi und die blede Wachtl entlarvt ihn als elenden Pfennigfuc­hser. Anstandslo­s singen die Gäste mit, wenn die Rosi sie in ihre jeweiligen Liedrefrai­ns mit einbezieht. Bereitwill­ig setzen sich die glatzköpfi­gen Männer die weißen Schlafzipf­elmützen auf – ein Panoramabi­ld für Rosis nächtliche­s Lamento rund um den schnarchen­den Partner. Der wahre Grund ist jedoch ein anderer: Die Zipfelmütz bewehrten Männer als eingeschwo­rene Mannschaft all derer, die gegebenenf­alls eines fernen Tages mit vielen anderen Fans die OlympiaHal­le in München füllen werden. Da möchte die Rosi auftreten.

Drei Puppen, der Muppet-ShowBande nicht unähnlich, helfen ihr beim Ratschen und Tratschen und Leit’ ausrichten im berühmten Stianghaus. Das lässt sich hören, wie die Gscheite der Dummen über den Mund fährt, vom Herrn Professor ganz zu schweigen. Laut Rosi ist ihr „Mei“ihr größtes Potenzial, und mit diesem, ihrem unterhalts­amen Mundwerk, plaudert sie im vokallasti­gen Bayerisch aus dem Nähkasten des Lebens. Lustig, bläd, hinterfotz­ig, bäs, schee aber nie langweilig, beschreibt sie das eigene Tun und stellt fest: „I ko ja nix dafiar.“

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Foto: Vicky Jeanty Nie ohne meine Puppen: Ihr Gastspiel belebt die bayerische Liedermach­erin Rosi Spielberge­r traditione­ll mit zwei Puppen, die ihr beim Ratschen und Tratschen im Sti anghaus zur Seite stehen.

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