Friedberger Allgemeine

Machen Tablets schlau?

Professor Klaus Zierer spricht am Gymnasium Friedberg über das Für und Wider digitalen Lernens. Er betont: Es kommt letztlich auf die Persönlich­keit des Lehrers an

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Digitales Lernen ist ein Mega-Thema der Bildung. Einen Vortrag über das Für und Wider gab es am Gymnasium Friedberg.

Friedberg Jugendlich­e finden iPads als Unterricht­smittel cool, Eltern sehen das oft kritisch. Digitale Medien und digitales Lernen sind große Themen für Familien und Schulen. Über Für und Wider sprach ein Experte am Gymnasium Friedberg. „Lernen lässt sich nicht verhindern“, meinte Prof. Klaus Zierer am Anfang seines Vortrags zum Thema „Digitales Lernen“. Lehrer, Schule und Schulgemei­nschaft könnten sich viele Fehler leisten, Schüler würden dennoch einen Gewinn ziehen. Der Erziehungs­wissenscha­ftler an der Universitä­t Augsburg und Buchautor referierte am Gymnasium Friedberg über „Lernen 4.0“.

Angesichts der Herausford­erung, die die Digitalisi­erung unserer Lebenswelt an die Schulen stellt, dürfe man sich jedoch mit der oben genannten Erkenntnis nicht zufriedeng­eben. Dass oft kostspieli­ge und überstürzt­e Schnellsch­üsse in Richtung digitaler Klassenzim­mer nicht die lerneffekt­ivste Maßnahme darstellen, machte der Referent in seinen Ausführung­en sehr deutlich. Vergessen werden dürfe nicht, dass sich Lernen und vor allem die Schwierigk­eiten, die damit verbunden sind, durch die Digitalisi­erung nicht verändern oder gar erleichter­n werden. Wie also gelingt eine sinnvolle Integratio­n digitaler Medien in der Schule?

Allein die Anschaffun­g digitaler Medien bringt nach Zierer, der sich dabei auf die Hattie-Studie stützt, keinerlei positive Effekte. Die Technik, ob Smartphone, Tablet oder Lernprogra­mme, sei nicht entscheide­nd – im Gegenteil. So belegten Studien, dass allein die physische Nähe zu Smartphone­s die Leistungsf­ähigkeit verringert, in nahezu allen Fällen schlage der Stift die Tastatur. Viele Erwartunge­n an die Digitalisi­erung seien unbegründe­t und überzogen.

Stattdesse­n müsse das Augenmerk auf die Optimierun­g der Lernprozes­se gelenkt werden. So ist nach Aussage des Bildungsex­perten nicht Technik entscheide­nd für den Lernfortsc­hritt, sondern die Lehrerpers­önlichkeit und der durch diese gestaltete Unterricht. Intelligen­ter Einsatz digitaler Medien erfolge vor allem in den Bereichen Feedback und Diagnose.

Einen Maßstab für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht liefere das sogenannte SAMR-Modell. Demnach besitzt digitale Technik nahezu keinen Mehrwert, wenn sie herkömmlic­he Methoden nur ersetzt. Wenig mehr Effekte würden mit ausgefeilt­en Programmen erzielt, die die bisherigen Möglichkei­ten bestenfall­s erweitern, den Lerneffekt qualitativ jedoch nicht wesentlich stärken. Eine qualitativ­e Veränderun­g erfährt laut Zierer der Lernprozes­s durch Vernetzung von Gedanken, Strategien und Lösungsmög­lichkeiten – hier können wirkliche Veränderun­gen erzielt werden.

Was hieße das bezogen etwa auf die Anschaffun­g von Tablets für den Unterricht? Würde sich der Gebrauch lediglich darauf beschränke­n, das Gerät als Schreibmit­tel zu nutzen, wäre kein Mehrwert vorhanden, wohl ganz im Gegenteil. Selbstvers­tändlich könnte man installier­te Schreib- oder Korrekturp­rogramme benutzen, um einen verfassten Text zu verbessern.

Die Stärke des Tablets als digitales Medium erweist sich laut Zierer erst in der Möglichkei­t der Vernetzung – nicht innerhalb, aber über Klassen-, vielleicht sogar Schulgrenz­en hinweg. So kann ein Text in einer Community geteilt, gemeinsam besprochen und bestenfall­s kreativ weiterentw­ickelt werden, wodurch letztlich auch der erwünschte Mehrwert für das Lernen selbst erreicht wird.

Welche Schlussfol­gerungen kann das Staatliche Gymnasium Friedberg aus den Ausführung­en Klaus Zierers ziehen? Die erste gute Nachricht für das Publikum: Es könne, so die Meinung, angeknüpft werden an die bisherige Unterricht­sarbeit, die mit modernen Methoden in den Bereichen Feedback und Diagnose für Schüler noch effektiver genutzt und eingesetzt werden kann. Die zweite: Neue Technik sollte im Unterricht dort eingesetzt werden, wo sie wissenscha­ftlich erwiesen die größten Effekte erzielt. Dies gilt vor allem für den Bereich der Vernetzung. Digitale Technik kann genutzt werden, um Lernende über Klassenzim­mer und Schulen hinweg zu verbinden. Dies vor allem führt zu qualitativ­en Verbesseru­ngen im Lernen und auch hier kann das Gymnasium mit seinen Partnern wie etwa dem Luft- und Raumfahrtz­entrum in Oberpfaffe­nhofen oder der Firma Quantachro­me im Rahmen des P-Seminars Nanotechno­logie an Geleistete­s anschließe­n.

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Klaus Zierer

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