Friedberg versucht, seine Dörfer zu retten
Immer mehr frühere Bauernhöfe werden bebaut. Der Planungsausschuss beschließt daher Gestaltungsrichtlinien für den Derchinger Ortskern. Sie könnten Vorbild sein für andere
Friedberg In vielen Dörfern zeichnet sich ab, dass alte Bauernhöfe oder andere große Anwesen abgerissen werden und dort Wohnungen entstehen. Wie aber verhindern, dass Riesenklötze die Orte verschandeln? Die Stadt Friedberg versucht sich jetzt in Derching an einem neuen Konzept und legt Kriterien für die künftige Bebauung im Altort fest. Das könnte beispielgebend sein für andere Dörfer, hieß es in der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses. Die Kriterien betreffen unter anderem:
● Höhe First bei maximal zwölf Metern, je nach genauer Lage zwei bis drei Vollgeschosse.
● Größe Breite maximal zwölf Meter, Länge mindestens 1,3-mal Gebäudebreite.
● Dach Satteldach mit 40 bis 45 Grad Neigung.
● Nutzung Maximal fünf Wohnungen pro Haus.
● Situierung Giebel zur Straße.
Auslöser für den Kriterienkatalog waren zwei Bauvorhaben. Erst im November hatte es der Planungsausschuss mit dem Anliegen zu tun, dass auf einer Hofstelle in der Bürgermeister-Schlickenrieder-Straße (Hauptstraße des Altortes) vier Ge- mit je acht Wohnungen errichtet werden sollten, zusätzlich zum bestehenden Haus. 2016 hatte es Diskussionen um ein Projekt auf dem Areal des ehemaligen Gasthofs Zur Post gegeben. Dort wurden letztlich zehn statt der vom Investor gewünschten 14 Wohneinheiten genehmigt, aufgeteilt auf zwei Bauten. Weitere derartige Vorhaben zeichnen sich offenbar bereits ab. Sorge haben Politik und Verwaltung vor allem vor ortsfremden Investoren, denen es nicht ums Dorfbild, sondern vor allem um den Profit geht.
Die neuen Kriterien sollen eine Handhabe bilden, die städtebaulichen Ziele der Stadt durchzusetzen. Gleichzeitig sind sie nicht so aufwendig wie ein Bebauungsplan, wobei die Stadtverwaltung diesen langfristig favorisiert. Kommt es zum Streit mit einem Bauherren, ließe sich aber auf Grundlage der Kriterien ein Bebauungsplan aufstellen und eine Veränderungssperre erlassen. Allerdings können Bauwerber weiterhin Abweichungen von diesen Kriterien beantragen, darüber wird im Einzelfall entschieden.
Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) erläuterte: „An Derching haben wir gemerkt, es ist ein Druck da – und den gestalten wir jetzt.“Stadträte sahen die Vorgehensweise als beispielgebend für andere Orte, wobei der Bürgermeister ein wenig bremste: „Es braucht einen konkreten Anlass, um zu sehen, was die Bauwerber sich wünschen.“
Die jetzt festgelegten Kriterien gelten, grob gesagt, für den Großteil der Grundstücke rund um die Bürgermeister-Schlickenrieder-Straße und die Alte Bergstraße bis zum Kindergarten. Sie sollen in das Ortsentwicklungskonzept einfließen, das für Derching wie für andere Stadtteile geplant ist. Diese Vorgehensweise wird auch an höherer Stelle positiv gesehen. So sagte Kreisbaumeister Andres Richter im Gespräch mit unserer Zeitung, es sei wichtig, ein Gesamtkonzept vorweisen zu können, statt dem Druck immer wieder hinterherzurennen. Allerbäude dings, das sprach Manfred Losinger (CSU) an, hätte man damit besser früher begonnen.
Prinzipiell, so hieß es in der Sitzung, müsse Innerortsentwicklung Vorrang haben. Erstens, um den Flächenverbrauch zu verringern, zweitens, weil es gerade in Derching kaum Chancen zur Erweiterung gibt. Das wurde bei einem anderen Tagesordnungspunkt klar. Die Stadträte diskutierten die Aufstellung eines Bebauungsplans am nördlichen Ortsende Richtung Bergen (nördlich Forststraße/östlich Bgm.-Schlickenrieder-Straße). Claudia Eser-Schuberth (Grüne) und Hubert Nießner (ÖDP) stimmten dagegen, mit Grundstückseigentümern in Verhandlungen zu treten, weil die Ortsgrenzen überschritten würden. Roland Fuchs (SPD) meinte dagegen: „Es gibt keine anderen Entfaltungsmöglichkeiten mehr.“In Derching wurden seit Jahren keine neuen Wohnbaugebiete mehr ausgewiesen, obwohl Bürger sie sich wünschen.