Friedberger Allgemeine

Kinder sprechen über Flucht

Die Mittelschu­le Friedberg nimmt am Projekt des Vereins „In safe hands“teil. Gergründet haben ihn zwei Fußballpro­fis

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Friedberg 40 Kinder zwischen elf und 15 Jahren sitzen in einem Schlauchbo­ot. Es ist eng. Sie haben keinen Platz sich zu bewegen. Es gibt nichts zu trinken, nichts zu essen und auch keine Möglichkei­t auf die Toilette zu gehen. Bereits nach kurzer Zeit werden sie unruhig und steigen aus. Dies können sie ohne Weiteres tun, denn bei diesem „Schlauchbo­ot“handelt es sich nur um ein Seil, das auf dem Boden der Mensa der Mittelschu­le Friedberg liegt und die Größe eines Flüchtling­sbootes zeigen soll.

Veranschau­licht wird den Schülern dies durch Mitarbeite­r des Vereins „In safe hands“, der von den Profifußba­llern Jonas Ermes (ehemals VfL Bochum) und Andreas Luthe (FCA) gegründet wurde. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, ein Statement gegen Rassismus zu setzen und daran zu arbeiten, dass alle Menschen respektvol­l, tolerant und in gegenseiti­ger Verantwort­ung miteinande­r und mit ihrer Umwelt leben. Hierzu erarbeiten sie in Schuldialo­gen gemeinsam mit Schülern die Themen Fluchtursa­chen, Integratio­n und Menschenre­chte. Denn, so sagen sie, leider haben nicht alle Menschen das Glück, in einem Land frei von Benachteil­igung, Krieg oder Verfolgung zu leben.

Massut, ein Flüchtling aus Syrien, der seit 2015 in Deutschlan­d lebt, ist Mitarbeite­r des Vereins. Er erzählt den Schülern von seiner Flucht und seiner Überfahrt in einem Schlauchbo­ot von Griechenla­nd in die Türkei. Dass seine Schilderun­gen den Tatsachen entspreche­n, wird den Schülern spätestens in dem Moment bewusst, als Mitschüler aus der Übergangsk­lasse für Migranten von ihrer eigenen Flucht berichten.

„Wir sind über das Mittelmeer geflohen. Auch in einem Schlauchbo­ot. Aber mit 80 Menschen. Alles, was wir noch hatten, unser ganzes Gepäck mussten wir ins Meer werfen, damit das Boot nicht untergeht“, berichtet einer von ihnen. Nahezu alle haben ähnliche Erfahrunge­n gemacht.

Aber nicht nur von der Flucht selbst, auch von den Gründen dazu spricht der 21-jährige Flüchtling Massut. Vieles wird den Schülern und Lehrern der Mittelschu­le deutlich. Es wächst nicht nur das Verständni­s für die Situation der Menschen, die ihre Heimat verlassen. Es wird auch auf Fakten eingegange­n. Unter anderem darauf, dass Deutschlan­d an erster Stelle die Türkei, gefolgt von Pakistan, dem Libanon, Iran und Uganda Flüchtling­e aufnehmen. 65,6 Millionen Menschen waren 2016 weltweit auf der Flucht, meist aus Syrien, Afghanista­n, dem Südsudan und Somalia. Sie fliehen vor Krieg, Terror, Verfolgung, Diskrimini­erung oder dem Zwang, als (Kinder-)Soldaten töten zu müssen.

Massut berichtet weiter: von seinem Leben im Kriegsgebi­et, den Bomben, seinem besten Freund, der mit 15 Jahren auf dem Weg von der Schule nach Hause neben ihm durch einen Kopfschuss getötet wurde. „Du weißt nie, ob eine Rakete oder Bombe einschlägt. Manchmal war es durch die Kämpfe so laut, dass die Schule ausfiel.“

In der Mensa der Schule ist es mittlerwei­le sehr still. Viele Schüler vergleiche­n ihr Leben mit dem Geschilder­ten. Verständni­s für die Situation und das Schicksal der Flüchtling­e ist bei ihnen gewachsen.

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Symbolfoto: Kay Nietfeld, dpa Um die Themen Krieg und Flucht ging es bei einem Schuldialo­g an der Mittelschu­le Friedberg. Mitarbeite­r des Vereins „In safe hands“informiert­en die Schüler.

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